Nixon in China, die Oper, die im Juni, fast 37 Jahre nach ihrer Uraufführung, zur Berliner Erstaufführung kommt, ist keineswegs die erste Oper, die nach den Prinzipien der Minimal Music komponiert wurde. Das ist, wenn schon, Einstein on the Beach (1976), von den Berliner Opernhäusern bisher ebenso ignoriert wie alle anderen Werke dieser Kategorie. John Adams, Jahrgang 1947 wird bereits zur »zweiten Generation« der Minimal Komponisten gezählt, während Philip Glass, der Komponist von Einstein on the Beach (und Satyagraha, und Akhnaten sowie bisher 24 weiterer Opern) noch zur »ersten Generation« gehört, obwohl er nur zehn Jahre älter ist. Übrigens: alle vier Komponisten, die man als Gründer der Minimal Music bezeichnen kann, sind Amerikaner, und alle vier, zwischen 1935 und 1937 geboren, leben noch: Terry Riley, La Monte Young, Steve Reich, Philip Glass.
Vielleicht wäre es genauer, statt von der »zweiten Generation« von einer »internationalen Generation« zu sprechen, den hier sind erstmals Europäer dabei. Neben den Amerikanern Frederic Rzewski (1938–2021) und John Adams (um nur die prominentesten zu erwähnen), werden dabei u. a. zwei Deutsche genannt, von denen einer, der Berliner Erhard Grosskopf, sogar ein Jahr älter ist als Terry Riley und La Monte Young. Der andere, Peter Michael Hamel, ist gleich alt wie John Adams. Wer seit 40 Jahren alle Produktionen an der Deutschen Oper Berlin gesehen hat, wird zumindest den Namen Erhard Grosskopf kennen, 1987 wurde Lichtknall von ihm als Ballett produziert, von Lucinda Childs choregrafiert, von Achim Freyer ausgestattet und inszeniert. Lucinda Childs ist auch mit John Adams seit 1983 verbunden, er schuf die elektronische Musik für Available Light, inzwischenauch etwa im Hebbeltheater gezeigt. Achim Freyer, war der Regisseur und Bühenbildner der Deutschen Erstauffühurng Satyagraha 1981 in Stuttgart, war also ebenfalls schon früher mit Minimal Music in Berührung gekommen. Grosskopf übrigens vermied es damals, sich als Minimalisten zu bezeichnen, lieber wies er auf die Wurzeln in der Reihenkomposition Arnold Schönbergs hin, die ihn zu seinen Lösungen brachte. Es gab in Deutschland damals eine gewisse Skepsis gegenüber allem, was »über den großen Teich« kam, und dazu gehörte Minimal Music. Die weiteren bisher genannten Komponistennamen werden den meisten von Ihnen unbekannt sein. In der »zweiten« oder »internationalen« Generation aber taucht der Name eines Engländers auf, der zumindest den Filmfans unter Ihnen bekannt sein könnte. Wer hat nicht 1993 den Oscar-Prämierten Film The Piano von Jane Campion gesehen? Die Musik stammte vom 1944 geborenen Michael Nyman. Hier ist die Titelmelodie zu hören. Der aggressive Klavieranschlag des Komponisten gefällt mir nicht wirklich, wenn er auch zu der rauen Geschichte passt. Das ist aber nur ein Problem, wenn man die Musik ohne die entsprechenden Bilder hört. Wie man hier sehen und hören kann, wo die Klaviermusik den Moment begleitet, wo Ada as Klavier vo Bord werfen lässt und erst nicht klar ist, ob sie sich selbst zusammen mit dem Klavier im Meer versenken will. Die Melodie ist jedoch eine Erfindung, die sich weiterspinnen lässt, wie in diesem Arrangement, das zwischen »Klassik« und »Unterhaltung« liegt, »easy listening« gewissermaßen.
Was aber ist »Minimal Music«, wo kommt sie her? In der Musikgeschichte gibt es mehrere Übergänge, wo das Neue nicht darin bestand, das Herkömmliche immer noch komplexer zu machen, sondern es zu vereinfachen. Einen solchen Übergang haben wir im 18. Jahrhundert, als die Söhne und andere Nachfolger Bachs, sich weigerten den Kontrapunkt noch vielstimmiger und undurchsichtiger zu machen, um zu etwas Neuem zu gelangen, sondern ihre Musik auf einfache Melodien und Begleitungen reduzierten. Oder am Anfang des 20. Jahrhunderts, als Igor Strawinsky mit Histoire du soldat ein Musiktheater erfand, das mit wenigen Instrumenten und Darstellern den größtmöglichen Gegensatz zu den nach Wagner immer noch größer gewordenen Orchestern mit kaum noch beherrschbaren Klangmassen darstellte. Oder eben 1960 mit der Entwicklung in den Künsten zu einer möglichst konsequenten Reduktion. Das Stichwort dazu ist »Fluxus«, eine vom litauisch-amerikanischen Künstler George Maciunas (1931–1978) gegründete Bewegung in der Kunst. In New York fanden die ersten entsprechenden Veranstaltungen 1961 statt und schnell kam die Bewegung nach Wiesbaden, wo Maciunas mit der US-Army stationiert war. Hier traf sie auf Künstler wie Nam June Paik, Wolf Vostell und Joseph Beuys, die schon ähnliche Konzepte einer Aktionskunst ausprobiert hatten. An der Fluxusbewegung waren immer auch Musiker beteiligt wie John Cage und Karlheinz Stockhausen. Aber parallel dazu gab es Komponisten, die sich auf das musikalische Material konzentrierten. So schrieb der schon erwähnte La Monte Young 1960 die Composition 1960 No. 7, die aus nur zwei Tönen im Quintabstand (h und fis) besteht und in beliebiger Besetzung aufgeführt werden kann. Die Dauer ist nicht fest vorgeschrieben (die Anweisung ist: »To be held for a long time«), es gibt Realisierungen, die über eine Stunde dauern und welche, die sich auf 10 Minuten beschränken. Der musikalische Verlauf aus Abwechslung und Repetition entsteht aus dem Zusammenklang und aus möglichen improvisierten Abweichungen vom reinen Ton. Es kann also so klingen von einem gemischten Ensemble oder so von einem Steichquartett. die Uraufführung 1961 wurde von einem Streichtrio realisiert und dauerte 45 Minuten. Eine minimalistische Aufführung will ich Ihnen zum Schluss auch nicht vorenthalten, sie wird auf einem entsprechend eingestimmten Hurdy-Gurdy gespielt (ohne Melodie, nur die Bordunsaiten werden benutzt) und dauert eine Minute und zehn Sekunden.
Wesentliches Charakteristikum der Minimal Music ist die Repetition. Das trifft übrigens auch auf Composition 1960 No. 7 zu, denn auf fast jedem Instrument muss man mehrmals ansetzen, um die Töne für eine lange Zeit halten zu können. Eine weitere ikonische Komposition der Minimal Music ist In C (1964) von Terry Riley, hier in einer CBS-Tonaufnahme von 1968. Die Komposition besteht aus 53 »Modellen«, kleinen rhythmischen und melodischen Keimzellen, die von einer beliebigen Anzahl von Musikern durchgespielt werden, wobei sie die Freiheit haben, jedes einzelne Modell beliebig oft zu wiederholen. Zusammengehalten wird das Stück durch das unablässig wiederholte ganz hohe C des Klaviers. Hier die Tonaufnahme von 1968 mit Terry Riley selbst am Saxophon. Und hier eine aktuelle Aufführung aus Prag (ohne Klavier, das geht auch), die fast doppelt so lange dauert und bei der der schweizerische Posaunist Roland Dahinden mitwirkt, der auch sein Alphorn mitgebracht hat. 1965 veröffentlichte Steve Reich, der dritte unter den ersten vier Minimal Komponisten It'gonna rain. Auch diese Komposition basiert auf unablässiger Repetition und sie führt das Tonbandgerät als Musikinstrument ein. Grundlage sind zwei identische Tonbänder von einem banalen Satz über den Regen, die versetzt abgespielt werden. Die Aufnahme wurde 1964 in San Frncisco gemacht und zu hören ist ein Pfingstprediger; im ersten Teil ist es tatsächlich nur der eine Satz, interessanter wird es im zweiten Teil, wo die Zeitverschiebung zwischen den beiden Tonbandmaschinen deutlicher wahrzunehmen ist. Hier die Originalkomposition, der zweite Teil beginnt bei etwa 8 Minuten.
Bevor wir zur Oper kommen, noch ein kurzer Überblick über die Vorgänger der Minimal Music, also reduzierte Musik seit 1900, und über weitere Einflüsse. Fangen wir bei Erik Satie (1866–1925) an, dem von den Akademikern immer wieder gesagt wurde, er würde sich zu wenig um die Form in seinen Werke kümmern. Er reagierte darauf 1903 mit einem Werk für vierhändiges Klavier Trois Morceaux en forme de poire avec une manière de commencement, un prolongement du même et un en plus suivi d’une redite (Drei Stücke in From einer Birne mit einer Art Anfang, einer Verlängerung und noch einer, gefolgt von einer Wiederaufnahme). Jedes Wort dieses langen Titelsist eine Verhöhnung des akademischen Musikbetriebs, so sind es etwa nicht drei sondern sieben Stücke und die Wiederaufnahme stellt eine völlig neue Musik dar. Satie ist dem Dadaismus nah (der allerdings erst 1916 gegründet wurde), wie die Minimalisten es der Fluxusbewegung sind. Hier mit Noten. Charles Ives (1874–1954) schrieb 1906 The Unanswered Question, ein Werk in drei Ebenen: ein Streicherensemble, das mit lange liegenden Akkorden eine Grundlage bildet; ein Ensemble von 4 Flöten, die an einigen Stellen überhaupt nicht dazu passende schnell bewegte Kommentare abgeben; eine ferne Trompete, die eine Melodie in einem ganz anderen Takt spielt. Hier das Rundfunkorchester des Hessischen Rundfunks unter Andrés Orozco-Estrada. Die Gleichzeitigkeit von verschiedenen, auf einfachen Partikeln (Patterns) bestehenden musikalischen Elementen, ist ebenso ein Charakteristikum der Minimal Music. John Cage (1912–1992) schließlich erfand eine Musik der Stille mit 4'33", vier Sätze »Tacet« (heißt: »hat hier nicht zu spielen«) für alle beteiligten Instrumente. Hier aufgeführt von Kirill Petrenko und den Berliner Philharmonikern, kurz vor dem zweiten Corona Lockdown. Das Erkunden der Stille ist ebenfalls ein Element in der Minimal Music, wenngleich man gerade bei den Opern eher einen gegenteiligen Eindruck gewinnt, also den Versuch, Wagner an Bombast noch zu übertreffen. Wie die gesamte westliche Kultur der 1960er Jahre sind auch die Minimalists von der Neuentdeckung Indiens geprägt. Ravi Shankar (1920–2012) bereiste die ganze Welt mit seiner Tabla und machte nicht nur das indische System der Ragas (eine Zusammenfassung von Tonarten und Spielanweisungen für den jeweiligen Charakter eines Stücks) und der Talas (Zeiteinteilungen, die nicht mit den westlichen Taktarten zu vergleichen sind), sondern auch die indische Philosophie bekannt. Die Beatles reisten nach Indien, die Gurus verschiedenster Richtungen hatten großen Zulauf, die Ashrams (Einsiedeleien) wurden von Westlern bevölkert. Und damit kommen wir endlich zu Philip Glass. 1965 traf er in Paris Ravi Shankar, der dort war, um die Musik für den LSD-Film Chappaqua, in dem er auch selbst mitwirkte, aufzunehmen. Shankar brauchte jemanden, der seine Musik in westliche Notation brachte, damit sie von örtlichen Musikern gespielt werden konnte. Ornette Coleman, der auch in dem Film mitwirkt, schrieb ursprünglich die Musik, die jedoch offenbar nicht oder nur teilweise verwendet wurde. Das Ergebnis gibt es auch auf YouTube, hier. Glass vertiefte sich in die indische Musik, lernte Tabla spielen, wurde Buddhist, traf den Dalai Lama und blieb in ständigem Kontakt mit Ravi Shankar, wovon das Album Passages von 1990 zeugt, hier zu hören.
Mit Robert Wilson entwickelte er 1975 das Konzept für Einstein on the Beach, alles andere als eine konventionelle Oper, aber auch nicht eine avantgardistische Kampfansage an das Genre wie Die Soldaten von Bernd Alois Zimmermann oder der LICHT-Zyklus von Karlheinz Stockhausen. Eine durchgehende, nachvollziehbare Handlung hat Einstein on the Beach ebensowenig wie die darauf folgenden Satygraha und Akhnaten. 1976 kam Einstein on the Beach in der Regie von Robert Wilson und mit Lucinda Childs als Darstellerin und Choreografin in Avignon heraus. Um die Oper auch in seiner Heimat zu zeigen, mietete Glass die Metropolitan Opera an, zwei ausverkaufte Aufführungen bescherten ihm einen Haufen Schulden. In Berlin ist das Werk bisher nur 2001 von einer freien Truppe in der ehemaligen Staatsbank der DDR gezeigt worden. 2014 brachte das Theatre du Châtelet in Paris eine Neuproduktion durch Robert Wilson, Lucinda Childs und den Dirigenten Michael Riesman, der auch schon bei der Urauffühurng dabei war. Die Produktion wurde übertragen und bei YouTube haben sich größere Ausschnitte erhalten, die in dieser Playlist zusammengfasst sind. Es fehlen namentlich der Prolog und die Knee Plays (Vor- und Zwischenspiele, Knee Play 5 ist eine Art Epilog) 1, 2 und 5, sowie die erste Szene des driten und die zweite Szene des 4. Aktes.
Inzwischen spielt die Metropolitan Opera Philip Glass in eigenen Produktionen, so 2019 Akhnaten mit weltweiter Kinoübertragung. Kann man auf deren Hompage leihen. Öffentlich zugänglich ist natürlich nur der Trailer. Aber kommen wir nun endlich zu John Adams. Er war an der Harvard University Schüler von Leon Kirchner (1919–2009), der seinerseits in Kalifornien bei Arnold Schönberg studiert und dessen Tochter Gertrude geheiratet hatte. Seine erste minimalistische Komposition legte Adams 1977 vor, Phrygian Gates für Klavier solo. Hier zu hören mit Noten, die Nähe zu In C ist unverkennbar. Er zog nach San Francisco, wo 1981 sein Chorwerk Harmonium zur Uraufführung kam, das auch die Aufmerksamkeit von Sir Simon Rattle auf sich zog, der es zuerst in Birmingham und 1990 bei den »Proms« in London zur Aufführung brachte. Inzwischen ist es dort schon eine Art Klassiker, hier die Aufnahme von 2017 mit dem BBC Symphony Orchestra and Chorus. 1982 bis 1985 war er »Composer in residence« bei der San Francisco Symphony, deren Chefdirigent Edo de Waart war. Den Abschluss bildete Harmonielehre, ein dreiteiliges Orchesterwerk, das inzwischen ebenfalls zu den ikonischen Stücken der Minimal Music gehört. Der Titel ist eine Hommage an den Lehrer seines Lehrers, dessen theoretische Schrift Harmonielehre, zur Pflichtlektüre aller Komponisten gehört. Hier eine Aufnahme vom Mostly Modern Festival in Saratoga Springs NY 2019.
Schon 1983 traf er den jungen Regisseur Peter Sellars, der mit Inszenierungen der Da-Ponte-Opern Mozart Furore gemacht hatte und der im Folgejahr als Direktor des American National Theatre im Kennedy Center nominiert wurde. Die Mozart-Inszenierungen, die in einem Diner in Cape Cod in einem Luxus-Appartement im Trump-Tower und in der New Yorker Harlem City spielen, wurden auch als Fernsehfilme produziert. Sellars wollte, dass Adams eine Oper schreibt, weil er etwas Zeitgenössisches haben wollte, aber der sträubte sich zuerst. Vor allem wollte er einen erfahrenen Autor als Librettisten an seiner Seite haben. Erstaunlich, dass sie sich dann gemeinsam auf Alice Goodman einigten, eine junge Literaturwissenschaftlerin, die zwar auch schon ein paar Gedichte veröffentlicht hatte, die Adams gelesen hatte, die aber keinerlei Erfahrungen mit Theater oder Oper hatte. Als man sich auf ein Sujet geeinigt hatte, nämlich den Besuch Richard Nixons 1972 in China, war Adams Feuer und Flamme, weil er die Möglichkeit sah, aufzuzeigen, wie aus realen Ereignissen Mythen entstehen. Unter uns: das ist genau das Prinzip von Giulio Cesare in Egitto, Gustave III., Les huguenots, Le prophète, Don Carlos etc. Allerdings wird man kaum eine barocke, klassische oder romantische Oper finden, deren Hauptpersonen aus der realen Welt zum Zeitpunkt der Uraufführung nicht schon längst tot waren.
Außer der Washington Opera fanden sich als Auftraggeber noch die Brooklyn Academy of Music (dort gibt es ein wunderschönes Neo-Renaissance-Opernhaus mit 2100 Plätzen) und die Houston Grand Opera, wo das Werk am 22. Oktober zur Uraufführung kam, Peter Sellars inszenierte und John DeMain dirigierte. Sechs Hauptpersonen führt das Libretto auf: Richard und Pat Nixon, Bariton und Sopran, Mao Tse-tung und Chiang Ch'ing (Schreibweisen wie im Libretto), Tenor und Koloratursopran, Chou En-lai und Henry Kissinger, Bariton und Bass. Dazu kommen als Sidekicks drei Sekretärinnen Maos, Mezzosopran, Alt und tiefer Alt. Dass Henry Kissinger von einem Bass dargestellt wird, ist wohl klar, denn als Tenor hätte diese Figur wohl niemand akzeptiert. Die Verteilung Tenor–Bariton zwischen Mao und Nixon zwingt aber zum Nachdenken. Wieso ist Nixon nicht der Held und Mao der Bösewicht? Und wieso ist Maos Gattin Koloratursopran? Dass Chou En-lai Bariton ist, dem das Schlusswort zukommt, ist bleibt sicher unwidersprochen.
Von den drei Akten sind die ersten beiden in jeweils drei Bilder aufgeteilt. Es beginnt spektakulär mit der Ankunft der Nixons und Kissingers am Peking Airport, Chou erwartet sie, der Chor singt die Regeln der Disziplin und der Achtsamkeit ab, man tauscht Höflichkeiten aus und Nixon muss natürlich erwähnen, dass das alles historisch ist. Das zweite Bild bringt uns in Maos Büro, wo die Sekretärinnen die kryptischen Worte des »Überragenden Führers« sekundieren. Man tauscht Banalitäten aus. Das dritte Bild führt uns in die Große Halle des Volkes, wo Chou und Kissinger Toasts ausbringen. Kissinger, der weiß, dass man ihn als »Kommunistenfresser« kennt, versteigt sich zu: »I opposed China, I was wrong«. Im ersten Bild des zweiten Aktes folgen wir Pat Nixon bei einer Führung durch die Stadt, Fabrikarbeiter geben ihr einen Spielzeugelefanten, der wie sie anmerkt das Wappentier der Republikaner ist, der Partei, die ihr Mann anführt; in einer Schule erinnert sie sich an die eigene Zeit als Lehrerin. Im zweiten Bild ist sie in einem Sommerpalast, wo sie in einer Arie die wunderbare Zeit des Friedens voraussieht. Der absolute Höhepunkt kommt im dritten Bild, in der Peking Oper wird Das rote Frauenbataillon von Chiang Ch'ing zu Ehren der Gäste aufgeführt, die natürlich nichts davon verstehen, Pat Nixon versucht sogar einzugreifen und fordert eine wütende Arie Chiang Ch'ings heraus, in der sie die Kulturrevolution preist, worauf ein Revolutionschor folgt. Der dritte Akt ist eine Simultanszene der Schlafzimmer. Die Nixons erinnern sich an ihre Jugend im Zweiten Weltkrieg, wie sie sich um das Radio versammelten, auch Mao erinnert sich, Chiang war ein junger Star und suchte ihn in der Revolutionszeit auf, sie aber bleibt auf dem rechten Pfad: »The revolution must not end«; Chou ist alt und kann nicht schlafen, er resumiert sein Leben und fragt sich »How much of what we did was good?«
Eine Aufführung der Oper aus dem Pariser Théâtre du Châtelet von 2012 ist hier zu sehen. Die Fernsehübertragung der Uraufführung ist etwas versteckt, aber man findet sie auch auf YouTube, hier.
Dann also bis Mittwoch Abend, Ihr Curt A. Roesler