Johann Sebastian Bach
Annäherungen an einen weltberühmten Komponisten
Fünf Abende mit Vortrag, Hörbeispielen und Gespräch, Victor-Gollancz-Volkshochschule Steglitz-Zehlendorf, Mai/Juni 2021
Die Linkliste mit allen gehörten Musikbeispielen und vielen Ergänzungen dazu
1. Abend: Die Bach-Familie
-
- 01. Der Ursprung
- Auf der Website www.bachueberbach.de ist sehr viel über Johann Sebastian Bach und seine Familie zusammengetragen, u. a. findet man Dokumente zu der Genealogie, die er sebst zusamengetragen hat unter dem Titel »Der Ursprung«
- 02. Musikbeispiel 1: Waldzither
- Mit der von Veit Bach gespielten »Cythringen« ist vermutlich eine (thüringische) Waldzither gemeint: hier wird auf ihr »Es ist ein Ros' entsprungen«, ein passendes Lied aus dem 16. Jahrhundert
- 03. »Christ lag in Todesbanden« von Heinrich Bach (1615–1692)
- Dieses Orgelwerk kann sich natürlich nicht mit einer Komposition von Johann Sebastian Bach messen, aber es repräsentiert die Orgel-Tradition, in der er steht
- 04. Zum Vergleich: »Christ lag in Todesbanden« von Johann Sebastian Bach
- BWV 625, eine sehr viel komplexere Komposition mit einer ausgeführten Pedalstimme aus dem »Orgel-Büchlein« für Wilhelm Friedemann Bach; die Kompositionen entstand aber möglicherweise schon vor dessen Geburt in Weimar; die Aufnahme aus Cleveland beginnt mit einer Einführung (Untertitel in Deutsch); die Orgel stammt nicht aus Bachs Zeit ist aber einer Barockorgel nachgebaut
- 05. Präludium und Fuge Es-Dur von Johann Christoph Bach (1642–1702)
- Dieser Johann Christoph (es gibt noch mindestens sieben weitere mit diesem Namen, auch einer der Brüder von Johann Sebastian) wird als einziger von Johann Sebastian Bach als »profonder Componist« bezeichnet; er ist ganz klar ein Vorbild
- 06. Messe in e-Moll von Johann Nicolaus Bach (1669–1753)
- Die Messe wurde zuerst für ein Werk Johann Sebastians gehalten, schon Wolfgang Schmieder wusste dass das ein Irrtum ist, und nahm das Werk 1950 in den Anhang des Bach-Werke-Verzeichnisses auf
- 07. Musikbeispiel 2: Kantate Denn du wirst meine Seele nicht in der Hölle lassen
- Von dieser Kantate glaubte Schmieder noch, sie sei von Johann Sebastian Bach und gab ihr die Nummer 15, erst 1959 wurde der Irrtum aufgeklärt, dass Bach in Leipzig insgesamt 18 Kantaten des Meininger Hofkapellmeisters Johann Ludwig Bach (1677–1731) aufführte – er musste ja nicht alle Kantaten selber komponieren; diese Aufnahme ist beim NDR noch unter dem Namen Johann Sebastian Bach erfolgt; hinterher ist man schlauer und bemerkt, dass die Kantate nicht ganz auf der Höhe der Bachschen Werke ist
- 09. Musikbeispiel 3: Allemande BWV 836 2. Interpretation
- Das Werk eignet sich aber auch, um auf einem modernen Klavier zu üben, und wird ein ganz besonderes Kabinettstückchen; allerdings klingen die chromatischen Übergänge im zweiten Teil etwas seltsam
- 10. Musikbeispiel 4: Allemande BWV 836 1. Interpretation
- Die Allemande g-Moll BWV 836 schrieb Johann Sebastian Bach für das »Clavier-Büchlein für Wilhelm Friedemann Bach« (die Echtheit wird übrigens angezweifelt laut Schmieder); es ist ein pädagogisches Werk, ganz wichtig ist es, die richtigen Fingersätze zu finden; zuerst hören wir es, wie es sich gehört, auf dem Cembalo
- 11. Musikbeispiel 5: Allemande BWV 836 3. Interpretation
- Noch einmal auf dem Cembalo; dieser Interpret allerdings nimmt die Bemerkungen zum »Harpeggio« aus dem »Versuch über die wahre Art das Clavier zu spielen« von Carl Philipp Emanuel Bach; vielleicht etwas zu wörtlich, das Cembalo klingt fast wie eine Laute oder eine Gitarre
- 12. Drei Fugen für Orgel von Wilhelm Friedemann Bach
- Das klingt noch fast wie Johann Sebastian Bach; es ist jedenfalls klar, dass Wilhelm Friedemann vor allem bei ihm gelernt hat
- 13. Musikbeispiel 6: Sonate a-Moll, Wilhelm Friedemann Bach
- In dieser Sonate jedoch treten schon ganz deutlich die Möglichkeiten eines »Pianoforte« zutage, wenngleich man sie selbstverständlich auch auf einem Cembalo spielen könnte; auf jeden Fall hört man hier die nächste Komponistengeneration (zwischen Bach und Haydn/Mozart)
- 14. Sinfonien von Wilhelm Friedemann Bach
- Auch in diesen Orchesterwerken ist er eindeutig ein Vertreter der nächsten Generation, der »galanten« Epoche
- 15. Musikbeispiel 7: Sonate a-Moll für Flöte solo, Carl PHilipp Emanuel Bach
- Als Flötenlehrer Friedrich II. kennt man Johann Joachim Quantz und bringt deshalb Flötenmusik in dessen Umkreis eher mit ihm in Verbindung; CPE Bach kam jedoch schon drei Jahre früher zum Preußenkönig als der noch Prinz war; diese Flötensonate spielt ein anderer Wahlberliner, Emanuel Pahud
- 16. Die Israeliten in der Wüste, Carl Philipp Emanuel Bach
- In seinem letzten Lebensabschnitt wandte sich Carl Philipp Emanuel Bach noch einmal der Kirchenmusik zu und schrieb für Hamburg als Nachfolger Georg Philipp Telemanns Oratorien wie dieses, das wir in einer Aufführung von der Harvard University auf historischen Instrumenten hören
- 17. Cembalo-Konzert op. 1 Nr 6, Johann Christian Bach
- Ganz schnell erhielt Johann Christian Bach in London das Privileg, seine Musik zu veröffentlichen; als op. 1 gab er sechs Cembalo-Konzerte heraus; wenn Sie bis zum letten Satz (bei 8:31) vorgedrungen sind, können Sie ein wenig schmunzeln, wenn Sie daran denken, dass er auch sehr bald »Music Master« der Königin wurde
- 18. Musikbeispiel 8: Ouvertüre zu »Temistocle«
- Der achtjährige Mozart verbrachte fast ein Jahr in London und lernte viel von Johann Christian Bach, wie an dieser Ouvertüre hören kann, die Bach 9 Jahre vor »Idomeneo« für das gleiche Orchester schrieb
2. Abend Johann Sebastian Bach bis 1723
-
- 01. Musikbeispiel 1: »Allein Gott in der Höh' sei Ehr« (Georg Böhm)
- Ob Böhm dem jungen Bach noch etwas beibringen konnte? Das Youtube-Video zeigt aber schöne Bilder von der Johanniskirche in Lüneburg und deren historischen Orgel
- 02. »An Wasserflüssen Babylon« (Johann Adam Reincken)
- Daher wanderte er häufig nach Hamburg, um Johann Adam Reincken (1643–1722) an der viermanualigen Orgel der Katharinenkirche spielen zu hören, besonders beeindruckt war Bach von einer langen Improvisation über »An Wasserflüssen Babylon«
- 03. »An Wasserflüssen Babylon« (Johann Sebastian Bach)
- Diese Frühfassung des Chorals ist möglicherweise 1720 für das Vorspiel in Hamburg für die Organistenstelle an St. Jacobi entstanden, bei dem auch Reincken zugegen war.
- 03.a »Allein Gott in der Höh« BWV 663
- Als Vergleich zu Beispiel 01 von Georg Böhm hier eine Bearbeitung des gleichen Chorals von Bach, allerdings aus späterer Zeit, vielleicht in Weimar entstanden; dieses Choralvorspiel setzt eine mindestens zweimanualige Orgel voraus
- 04. Die Wendler-Orgel in der Bachkirche Arnstadt
- Balint Karosi stellt die Wendler-Orgel vor, die Bach 1703 als Experte geprüft hat und daraufhin gleich als Organist eingestellt wurde
- 05. Musikbeispiel 2: Osterkantate »Christ lag in Todesbanden«
- Die Kantate BWV 4 ist wahrscheinlich am 24. April 1707 als Probekantate in Mühlhausen aufgeführt worden; Osterkantaten (auch andere von Bach) machen oft ausgiebigen Gebrauch von Pauken und Trompeten, um die Auferstehung zu feiern, hier kommen nur vier Singstimmen, Streichinstrumente und Basso continuo zum Einsatz, erst später in Leipzig kommen Blechbläser hinzu, die jedoch nur die Singstimmen verstärken; wie in einer theologischen Abhandlung beginnt Bach mit der Vorgeschichte, dem Leiden Christi
- 06. Osterkantate von Dietrich Buxtehude
- So klang eine Osterkantate in der Zeit, mit Pauken und Trompeten wird die Auferstehung gefeiert
- 07. Die Osterkantate mit Pauken und Trompeten BWV 249
- Das ist die »Osterkantate« von Johann Sebastian Bach, die wir kennen; sie gehört eigentlich erst in den 3. Abend, da sie erst 1725 für Leipzig komponiert wurde – wo ein solches Instrumentarium auch zur Verfügung stand; hier nur zum Vergleich
- 08. Musikbeispiel 3: Concerto nach Vivaldi BWV 973
- In Weimar schrieb Bach vermutlich die »16 Konzerte nach verschiedenen Meistern«; dieses ist die Bearbeitung eines Konzerts von Vivaldi, es wird auf einem Clavichord gespielt
- 09. Vivaldi Konzert Nr 8 G-Dur RV299
- Das ist das Violinkonzert von Vivaldi, das Bach in BWV 973 bearbeitet hat, gespielt von Salvatore Accardo und I musici di Roma; so und nicht anders dachten wir lange, müsse Vivaldi gespielt werden
- 10. Musikbeispiel 4: Brandenburgisches Konzert Nr. 4 1. Interpretation
- Mit dieser Aufnahme bin ich aufgewachsen, mein Vater hatte sie im Plattenschrank (und ich habe sie immer noch) und die »Freikonzerte« des Winterthurer Stadtorchesters haben mir als Pennäler das gesamte Repertoire des klassischen Konzerts erschlossen
- 11. Musikbeispiel 5: Brandenburgisches Konzert Nr. 4 2. Interpretation
- Aber die Ära der Originalinstrumente war längst angebrochen, und zwar einige Jahre vor Wien mit dem »concentus musicus« (erstes öffentliches Konzert 1957) in Basel; Paul Sacher, August Wenzinger und Ina Lohr hatten dort 1933 das Forschungsinstitut »Schola cantorum basiliensis« gegründet; diese Aufnahme mit August Wenzinger entstand 1953; tiefer gestimmt und mit Blockflöten statt Querflöten gespielt klingt das schon ganz anders
- 12. Brandenburgisches Konzert Nr. 4 3. Interpretation
- Im 21. Jahrhundert haben sich die Interpreten einander angenähert: Hier das ganze Konzert mit einem Dirigenten, der normalerweise die großen Sinfonieorchester dirigierte, Claudio Abbado; in. dem ganz kleinen Ensemble spielen selbstverständlich auch zwei Blockflöten und nicht Querflöten
- 13. Brandenburgisches Konzert Nr. 4 4. Interpretation
- Und jetzt das Freiburger Barockorchester, ein Spezialensemble, am historischen Ort, dem Spiegelsaal im Schloss Köthen, wo Bach wohl selbst musiziert hat
- 14. Kantate Nr. 22, die erste zur Bewerbung in Leipzig
- Mit den beiden Kantaten BWV 22 und 23 bewarb sich Bach um das Thomaskantorat; hier kommen zu zu den Streichinstrumenten schon eine Solo- und eine Tutti-Oboe
- 15. Aus der Tiefe rufen wir, Bewerbungskantate von Christoph Graupner
- Hier ist der erste Satz einer der beiden Bewerbungskantaten von Christoph Graupner, mit denen er das Amt des Thomaskantors gewann, das er nicht antreten konnte
3. Abend: Bach in Leipzig
-
- 01. Kantate BWV 75 »Die Elenden sollen essen«
- Das ist die erste Kantate, die Bach als Thomaskantor (in der Nikolaikirche) aufgeführt hat. Die Trompetenpartie wurde für Gottfried Reiche, seit 1719 Senior Stadtmusicus geschrieben. Sie tritt erst im zweiten Teil dazu, in der Sinfonia, in der Bassarie und im Schlusschoral.
- 02. Kantate BWV 76 »Die Himmel erzählen die Ehre Gottes«
- Das ist die erste Kantate, die Bach als Thomaskantor in der Thomaskirche aufführte; auch hier spielt die Trompete eine herausragende Rolle, allerdings nur im ersten Teil; auch diese Kantate hat zwei Teile, es ist anzunehmen, dass sie die Predigt einrahmte, das ist auch der Grund, weshalb der zweite Teil wiederum mit einer Sinfonia beginnt: auf den ausgedehnten Wortbeitrag soll nicht schon wieder Text folgen
- 03. Musikbeispiel 1: Kantate BWV 21 »Ich hatte viel Bekümmernis«
- Für den dritten Sonntag holte Bach ein neun Jahre altes Werk hervor, das er für Weimar geschrieben hatte und das er möglicherweise auch nach Hamburg mitgenommen hatte, als er sich dort um ein Organistenamt bewarb; auch dieses Werk ist zweiteilig, aber nur der erste Teil hat eine Sinfonia (mit einem bewegenden Oboensolo), der zweite beginnt mit einem Rezitativ; das hier ist eine von Nikolaus Harnoncourt dirigierte Aufnahme mit einem Knabensopran, wie es in Leipzig (nicht in Weimar) der Fall war; das frische Temopo des ersten Chorsatzes macht den rhetorischen Aufschwung deutlicher als andere Aufnahmen: »Ich, ich, ich«, die Wortwiederholung ist Bach von Zeitgenossen auch zum Vorwurf gemacht worden
- 04. Zum Vergleich eine neuere Aufnahme
- Raphael Pichon nimmt getragenere Tempi, vielleicht um die »Bekümmernis« herauszustellen
- 05. BWV 20 »O Ewigkeit, du Donnerwort«
- Der zweite Kantatenjahrgang beginnt wieder mit einem recht aufwändigen Werk, neben der konzertierenden Trompete spielen auch drei Oboen mit; im zweiten Jahrgang überwiegen die »Choralkantaten«, also Kantaten, die ein die Strophen eines Kirchenliedes auf Chöre, Arien und Rezitative verteilen; dafür ist BWV 20 ein gutes Beispiel; es gibt noch eine andere Kantate »O Ewigkeit du Donnerwort« (BWV 60, 1732), die ist aber keine Choralkantate und ist nicht für den 1. Sonntag nach Trinitatis komponiert, sondern für den 22.
- 06. Musikbeispiel 1: Sinfonia zur Kantate BWV 146
- Im dritten Jahrgang verwendete Bach oft ältere Instrumentalwerke, so hier in der Kantate BWV 146 »Wir müssen durch viel Trübsal« ein (verlorenes) Violinkonzert, das wir als Cembalokonzert (BWV 1052) kennen; der Solopart wird in der Kirche selbstverständlich von der Orgel gespielt und zu den Streichern kommen zwei Oboen und ein Oboe da caccia hinzu
- 07. Die ganze Kantate BWV 146
- Hier die komplette Kantate, achten Sie auch auf den 1. Chor, da ist der zweite Satz des Cembalokonzerts verwendet
- 08. BWV 1052 als Violinkonzert rekonstruiert
- Die Niederländische Bachgesellschaft hat das Cembalokonzert BWV 1052 in seine ursprüngliche Gestalt als Violinkonzert zurückgeführt
- 09. BWV 1052 als Klavierkonzert
- So kennt man das d-Moll-Konzert von Bach: als Klavierkonzert; hier werden die ersten beiden Sätze gespielt von Hélène Grimaud, es gibt bei Youtube einen Link zum dritten Satz, der wurde dann in der Kantate BWV 188 verwendet, aber das Fass machen wir hier nicht auf
- 10. Schäferkantate BWV 249a
- Die Zusammenarbeit mit Henrici begann mit einer weltlichen Kantate, die zum Geburtstag des Herzogs Christian von Sachsen-Weißenfels am 23. Februar 1725 verfassten; wenn Sie die Musik hlren, wird sie ihnen bekannt vorkommen – es handelt sich um die Musik des »Osteroratoriums«, der Kantate die zum Osterfest des gleichen Jahres erstmals erklang, allerdings noch mit leicht anderem als dem gewohnten Text, den und die Bezeichnung »Oratorium« erhielt es erst 1736
- 11. Musikbeispiel 2: »Zion hört die Wächter singen« aus BWV 140
- In Jahren, in denen Ostern vor dem 27. März liegt, kennt das Kirchenjahr auch einen 27. Sonntag nach Trinitatis, das war zu Bachs Lebzeiten überhaupt nur vier Mal der Fall, u. a. 1731, wofür er diese Kantate schrieb
- 12. Musikbeispiel 3: Choralvorspiel BWV 645
- Das ist die Übertragung des zuvor gehörten Satzes aus der Kantate BWV 140, hier gespielt auf der Orgel der Bethlehemkirche Den Haag; die Dreistimmigkeit der Vorlage eignet sich besonders für die Übertragung; die »Sechs dreystimmige Vorspiele«, deren erstes dieses ausmacht, gehören zu den wenigen Druckausgaben, die zu Bachs Lebzeiten erfolgten, nach dem Namen des Verlegers heißen sie »Schübler-Choräle«
- 13. Die Kantate BWV 140 komplett
- Das ist eine Aufnahme mit dem Barock-Spezialisten Tom Koopmann, auf der YouTube-Seite sind noch einige sehr nützilche Anmerkungen zu der Kantate zu finden
- 16. Matthäuspassion von Heinrich Schütz
- Beispiel einer Choralpassion, es gibt außer dem Bibeltext nur eine chorische Einleitung und einen Schlusschor; der Text wird rezitativisch mit verteilten Rollen vorgetragen in einem an die Gregorianik erinnernden Duktus, lediglich da, wo das Volk, die Priester, die Knechte etc. sprechen, tritt der Chor hervor und singt diese Partien mehrstimmig in einer »modernen« kontrapunktischen Weise
- 17. Johannespassion von Thomas Selle
- Diese Passion wird nicht nur von Instrumenten iunklusive Generalbass begleitet, sie enthält auch »Intermedien«, außerbiblische Texte und Choräle, man dieses »oratorische Passion«
- 18. Matthäuspassion von Johann Theile
- Johann Theile war 1678 einer der Gründer der Oper am Gänsemarkt in Hamburg; 1673 hatte er für Lübeck diese Matthäuspassion verfasst, die erste mit instrumentalen Ritornellen und Arien, das Muster für die Passionen Bachs
- 19. Markuspassion, Reinhard Keiser zugeschrieben
- Diese Passion, die 1705 in Hamburg aufgeführt wurde, ebenfalls eine oratorische Passion, wird dem unbestrittenen Beherrscher der Gänsemarktoper seit 1696, Reinhard Keiser, zugeschrieben; Bach hat sie vermutlich 1712 in Weimar aufgeführt und in ihr können wir die fünfte Passion, die im Nekrolog genannt wird, sehen
- 20. Der für die Sünde der gemarterte und sterbende Jesus
- Diese Dichtung des Hamburger Ratsherrn Barthold Heinrich Brockes erschien 1712 und wurde mehrfach vertont; der Text fasst den Passionsbericht der vier Evangelien zusammen und fügt ihnen Arien hinzu; das nennt man Passionsoratorium; die erste Vertonung des Librettos stammt wiederum von Reinhard Keiser (1712, hier zu hören), weitere Komponisten der Gänsemarktoper schufen jeweils ihre eigene Fassung, Telemann (1716, da war er allerdings noch in Frankfurt), Mattheson (1718) und Händel (1719, da war er schon längst in London); Händels Version ist die am weitesten verbreitete, Bach ließ Teile davon in Leipzig aufführen; 1730 wurden in Hamburg alle vier innerhalb von drei Wochen aufgeführt
- 21. Johannespassion
- Die Johannespassion in der gewohnten Fassung in einer Aufführung von 1985 unter der Musikalischen Leitung von Nikolaus Harnoncourt
- 22. Johannespassion 2. Fassung, 1. CD
- Das ist die 1. CD einer Aufführung der Johannespassion, wie sie wohl 1725 in der Thomaskirche erklungen ist, die auffälligsten Änderungen sind der ausgetauschte Eingangschor (den wir aus der Matthäuspassion kennen), die zusätzliche Bass-Arie mit Chor nach dem Choral »Wer hat dich so geschlagen« (bei 31:06), die alternative Tenorarie »Zerschmettert mich , ihr Felsen« (bei 37:54; statt »Ach, meinSinn«) und die Tenorarie »Ach windet euch nicht so, geplagte Seelen«, die an der Stelle des Bass-Arioso »Betrachte, meine Seel'« und der Tenorarie »Erwäge« steht (bei 54:19)
- 23. Johannespassion, 2. Fassung , 2. CD
- Eine wesentliche Änderung der zweiten Fassung ist verloren: an der Stelle der aus dem Matthäusevangelium entnommenen Szene »Und siehe da, der Vorhang im Tempel zerriss« stand (vielleicht auf Verlangen der Obrigkeit) eine instrumentale Sinfonia, diese Aufnahme belässt es bei der Episode aus Matthäus; die einzige Änderung auf der zweiten CD ist somit der Schlusschoral »Christe Du Lamm Gottes«, den Bach später in die Bewerbungskantate BWV 23 übernahm (bei 52:46)
- 24. Die Matthäuspassion mit historischen Instrumenten
- Eine Aufführung von 2010 aus der Kölner Philharmonie unter der Leitung von Philipp Herreweghe; die passion endet nach 2 Stunden 41 Minuten, danach folgt eine Wiederholung
- 25. Lukaspassion
- Es ist nicht sicher, dass Bach diese anonyme Lukaspassion jemals um 1730 zur Aufführung gebracht hat, auch wenn eine Handschrift von ihm gibt, möglich ist es aber; auf jeden Fall ist eine Passion in sehr viel einfacherer Musiksprache als die von Bach selbst und die Obrigkeit verlangte verschiedentlich nach einfacherer Musik
- 26. Markuspassion
- Das Original der Markuspassion von 1731 ist verloren; der Text aber ist erhalten und es gibt Hinweise auf die Verwendung von Musik aus anderen Werken, etwa der »Trauerode« BWV198; es gibt mehrere Rekonstruktionsversuche, Sie können bei YouTube auch eine von Tom Koopman finden
- 27. Die Kaffee-Kantate
- Bach hat keine Oper geschrieben? Die Kantate BWV 211 »Schweigt stille, plaudert nicht« (1733) ist jedenfalls nicht weit von »La serva padrona« (1732) von Pergolesi und »Pimpinone« von Telemann; Bei YouTube ist auch eine Auffürhung von 1978 aus dem Apollo-Saal der Berliner Staatsoper zu finden, mit Peter Schreier (Dirigent) und Theo Adam (Regisseur)
- 28. »Italienisches Konzert« auf dem Cembalo
- Wanda Landowska (1879–1959) war eine Pionierin am Cembalo, seit 1903 spielte sie auf einem Cembalo des französischen Klavierbauers Pleyel; diese Aufnahme des »Itaienischen Konzerts« BWV 971, das Bach zusammen mit einer Französischen Suite (Partita) als 2. Teil der »Clavier-Übung« herausgab, stammt aus dem Jahr 1935
- 29. Musikbeispiel 4: Aus tiefer Not schrei ich zu dir BWV 686
- Der dritte Teil der Clavierübung besteht zur Hauptsache aus einem Orgelwerk, das Albert Schweitzer als Orgelmesse bezeichnete, »Aus tiefer Not schrei ich zu Dir würde dann etwa an der Stelle des Agnus Dei stehen. Das Besondere ist, dass Bach für jeden Choral (tatsächlich mit Kyrie und »Allein Gott in der Höh'«, also Gloria, beginnend) zwei Varianten gibt, eine die nur auf dem Manual gespielt wird und eine, die große Orgel mit Pedal voraussetzt; dieses Choralvorspiel ist sechsstimmig, die beiden Füße müssen unabhängig voneinander spielen
- 31. Musikbeispiel 5: »Kommst Du nun, Jesu, vom Himmel herunter« BWV 650
- In drei der sechs »Schübler-Choräle« liegt der cantus firmus im Bass, d. h. wird vom Pedal gespielt, da aber vorgeschrieben ist, dass nur Vierfuß-Register gezogen werden sollen, bedeutet das, dass die vom Pedal gespielte Melodie über der linken Hand liegt, das kann man in dieser Aufnahme des BWV 650 sehr gut beobachten
- 32. Kantate BWV 137 »Lobe den Herren«
- Aus dieser Kantate stammt die Alt-Arie, die dem Choralvorspiel zugrunde liegt, sie beginnt bei 03:35
- 33. Musicalisches Opfer
- Das »Musicalische Opfer« gehört zu den herausforderndsten Werken Bachs – für die Interpreten wie für die Zuhörer, es war genauso wie die vier Teile der »Clavier-Übung« nicht dafür gedacht, hintereinander weg gespielt zu werden; wird trotzdem gemacht, hier von Jordi Savall und seinen Mitstreitern
4. Abend Bach und die Nachwelt
-
- 01. Die Kunst der Fuge 1. Interpretation
- Jordi Savall spielt die komplette »Kunst der Fuge« mit seinem Barock-Orchester Hespérion XX auf Originalinstrumenten
- 02. Die Kunst der Fuge 2. Interpretation
- Natürlich kann man sich »Die Kunst der Fuge« auch als Orgelwerk denken, nur so notiert ist sie nicht, sondern als Partitur, wobei aber Angaben zu den Instrumenten fehlen; hier spielt Herbert Tachezi
- 03. Die Kunst der Fuge 3. Interpretation
- Immer wieder haben sich Komponisten und Dirigenten aufgefordert gefühlt, eine eigene Instrumentation herzustellen, die einflussreichste Unternehmung dieser Art in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts kam von Hermann Scherchen; hier probt er mit dem Kammerorchester des Kanadischen Rundfunks bevor er das gesamte Werk dirigiert
- 04. Ricercar a 6 aus dem »Musikalischen Opfer« instrumentiert von Anton Webern
- Ausgangspunkt für die neuerlichen Interpretationen war diese Arbeit von Anton Webern: das Ricercar a 6 aus dem »Musikalischen Opfer« 1935 für großes Orchester gesetzt und sozusagen auseinandergepflückt und neu zusammengesetzt, so dass man die Bestandteile dank einer hinzugefügten »Klangfarbenmelodie« erkennen kann
- 05. Contrapunctus XIX instrumentiert von Luciano Berio
- Der glänzende Instrumentator Berio steht hier zwischen Webern und Bearbeitern wie Respighi und Stokowski, auf die wir am letzten Abend noch kommen werden
- 06. Messe in h-Moll 1. Interpretation
- Eine Aufführung des Monteverdi Choir und der English Baroque Soloists unter Sir John Eliot Gardiner in der Philharmonie de Paris
- 07. Messe in h-Moll 2. Interpretation
- So konnte man die h-Moll-Messe oft in der Philharmonie hören; Herbert von Karajan dirigiert den Wiener Singverein und die Berliner Philharmoniker, dazu Sängerinnen und Sänger, die in Berlin und Wien zuhause waren
- 08. Musikbeispiel 1: Gratias agimus tibi aus der Messe in h-Moll
- Hier nur der eine Satz aus dem polnischen Radio-Studio, um ihn mit der Vorlage vergleichen zu können
- 09. Musikbeispiel 2: Wir danken dir, Gott aus BWV 29
- Der Text des 1. Chores aus der Ratswahlkantate von 1731 ist eine Übersetzung des »Gratias«, es war also naheliegend, diese Musik, die ja für einen einmaligen Anlass komponiert worden war, noch einmal zu verwenden
- 10. Musikbeispiel 3: Sinfonia der Kantate BWV 29
- Ein Orgelkonzert, das nahe bei den Orgelkonzerten von Händel steht, aber viel reicher instrumentiert ist als jene
- 11. Die ganze Kantate 29 1.Interpretation
- Zuers einmal so, wie ich sie kennengelernt habe, Aufnahme von 1960; die Orgel spielt Anton Heiller, damals mein großes Vorbild, dem ich glücklicherweise an meiner Musikhochschule auch noch begegnet bin; das Tempo der Sinfonia ist nicht ganz so rasend wie bei Herreweghe, muss aber ja vielleicht auch nicht
- 12. Die ganze Kantate 29 2. Interpretation
- Und nun eine aktuelle Aufführung, die Sinfonia auch nicht so rasend, dafür mit schön sichtbaren Trompeten-Einsätzen
- 13. Partita III E-Dur für Violine BWV 1006
- Die musikalische Vorlage für die Sinfonia ist der erste Satz der Partita E-dur für Violine solo, die wir hier in einer aktuellen Aufnahme aus dem pandemiebedingt leeren Konzerthaus Berlin hören
- 14. Bachs Partita als amerkanische Fiddler-Music
- In Carlisle Floyds Oper »Susannah« hat der Fiddler, der zum Tanz aufspielt, offenbar auch ein wenig Bach studiert; auch das ist »Bach und die Nachwelt«
- 15. Kantate BWV 46 Eingangschor »Schauet doch«
- »Schauet doch und sehet, ob irgend ein Schmerz sei« ist die musikalische Vorlage für das »Gratias agimus« in der H-Moll-Messe
- 16. »Gratias agimus« aus der Messe in h-Moll
- Bach verwendet von den 142 Takten des Eingangschor nur die 50 Takte des langsamen Teils ohne die instrumentale Einleitung; außerdem muss er den Rhytmus ändern, damit es auf die Worte passt; Konrad Junghänel interpretiert den Chor in dieser Aufnahme als Soloquartett
- 17. »Gott, wie dein Name« aus BWV 171
- Die Kantate wurde für das Fest der Beschneidung Christi geschrieben und frühestens am Neujahr 1729 in Leipzig aufgeführt, sie fängt mit einer großen Chorfuge an, erst vom Orchester nur unterstützt, also fast wie eine Motette, dann schälen sich aber auch die Trompeten ganz eigenständig heraus
- 18. Patrem omnipotentem
- In das wiederholte »Credo« passt Bach die Chorfuge aus BWV 171 ein; das Stück wird dadurch noch reichlich komplexer, wie das »Credo«, das »Symbolum Nicaenum« eben auch
- 19. Musikbeispiel 4: »Weinen, Klagen, Sorgen, Zagen« aus BWV 12
- Schon oft haben wir im Opernkurs über die besondere Form der Passacaglia gesprochen, bei Purcell, bei Ligeti etc. Oft habe ich dabei auch Bach angeführt, aber normalerweise nur die Orgelwerke; dabei hätte auch dieser Kantatensatz zum Vergleich getaugt; wer sich als an »Dido and Aeneas« erinnert fühlt: richtig, das ist Bachs vokale Passacaglia aus 1714
- 20. »Jesu, der du meine Seele« aus BWV 78
- 10 Jahre später nahm sich Bach die Passacaglia noch einmal vor für eine Kantate zum 14. Sonntag nach Trinitatis, wählte aber eine andere Taktart und statt des altertümlichen 3/2-Taktes den handlicheren ¾-Takt
- 21. Musikbeispiel 5: Crucifixus
- Seine endgültige Form mit einigen schärferen harmonischen Reibungen aber erhielt die Passacaglia im »Crucifixus« der H-Moll-Messe; wir sehen noch einmal Irina Bogdanovich dirigieren
- 22. Weihnachtsoratorium 1. Interpretation Teil 1-3
- Die Kantaten zum 1., 2. und 3. Weihnachtstag 1724 in einer aktuellen Aufnahme unter Sir John Eliot Gardiner
- 23. Weihnachtsoratorium 1. Interpretation 2. Teil
- Und nun die Kantaten für Neujahr, Sonntag nach Neujahr (das war 1735 der 2. Januar) und Epiphanias in der gleichen Interpretation
- 24. Weihnachtsoratorium 2. Interpretation
- Vor sechzig Jahren galt Karl Richter als der Bach-Spezialist; heute wirkt das Tempo des Eingangschores schon sehr behäbig und die Trompeten so hell, dass sie fast schon quäken
- 25. »Tönet Ihr Pauken« BWV 214
- Bei diesem Gelegenheitswerk, einer Geburtstagskantate für die frische Königin von Polen und Kurfürstin von Sachsen Maria Josepha zum 8. Dezember 1733 hat Bach reichlich geplündert für das Weihnachtsoratorium: 1. der Eingangschor wird auch Eingangschor, die Altarie Nr. 5 »Fromme Musen« kommt als Nr. 15 »Frohe Hirten eilt« in den zweiten Teil, die Bassarie Nr. 7 »Kron und Preis« wird zur Bassarie Nr. 8 »Großer Herr, o starker König« und der Schlusschor »Blühet, ihr Linden in Sachsen, wie Zedern« wird als »Herrscher des Himmels erhöre das Lallen« zum Eingangschor des 3. Teils
- 26. »Lasst uns sorgen, lasst uns wachen« BWV 213
- Aus dieser Kantate, die auch den Titel »Hercules am Scheidewege« trägt, kommt noch viel mehr vor allem aber in der zweiten Hälfte: der Eröffnungschor »Lasst uns sorgen« eröffnet mit den Worten »Fallt mit Danken, fallt mit Loben« den 4. Teil, die Sopranarie »Schlafe mein Liebster« kann im zweiten Teil als Nr. 19 sogar mit den gleichen Worten anfangen, die Altarie »Treues Echo dieser Orten« bekommt die Worte »Flößt, mein Heiland flößt dein Namen« als Nr. 39 im 4. Teil, die Tenorarie »Auf meinen Flügeln sollst du schweben« kommt auch in den 4. Teil mit »Ich will nur dir zu Ehren leben«, die Altarie »Ich will dich nicht hören« bekommt zur Violine noch eine Oboe d'more hinzu (sie spielt aber die gleichen Töne) und wird dann »Bereite dich Zion«, Nr 4 im 1. Teil, das Alt-Tenor-Duett Nr. 11 »Ich bin deine, du bist meine« wird zum Sopran-Bass-Duett »Herr, dein Mitleid, dein Erbarmen« Nr. 29 im 3. Teil, auch den Schlusschor wollte Bach in das Weihnachtsoratorium bringen, hatte schon einen Text dafür, ließ aber von der Idee wieder ab
- 27. »Pfui, wie fein zerbrichst du den Tempel«
- Diesen Chor aus der Markuspassion kennen wir nur, weil seine Entsprechung im Weihnachtsoratorium erhalten geblieben ist, »Wo ist der neugeborene König der Juden?«
- 28. »Preise dein Glücke, gesegnetes Sachsen« BWV 215
- Auch diese Gelegenheitskomposition (zur Wahl August III. zum polnischen König) muss etwas an das Weihnachtsoratorium abgeben: aus der Sopranarie »Durch die von Eifer entflammeten Waffen« wird, ein Quart heruntergesetzt und mit Oboe d'amore statt Flöte, die Bassarie »Erleucht' auch meine finstre Sinnen« Nr 47 im 5. Teil
- 29. 1. Weihnachtstag: BWV 63
- Diese Weihnachtskantate schrieb Bach schon in Weimar für ein ebenso festliches Ensemble wie später in Leipzig; bei dieser Aufnahme der Niederländischen Bach-Gesellschaft begegnen wir dem ehemaligen Chordirektor der Deutschen Oper Berlin, Marcus Creed
- 30. 1. Weihnachtstag: BWV 91
- Das ist die Kantate für den ersten Weihnachtstag aus dem Choralkantatenjahrgang 1724/25, »Gelobet seist du Jesus Christ« nach einem Luther-Lied; mit Pauken und Hörnern – keine Trompeten
- 31. 1. Weihnachtstag: BWV 110
- »Unser Mund sei voll Lachens« ist aus dem 3. Kantatenjahrgang mit den Übernahmen aus Instrumentalwerken, der Eingangschor ist aus dem 1. Satz der 4. Orchestersuite gearbeitet
- 32. Orchestersuite Nr. 4 BWV 1069
- Früher nahm man an, dass Bach die Orchestersuiten erst um 1730 für das Collegium Musicum geschrieben hat, da meinte man aber auch, die Kantate BWV 110 sei nicht vor 1734 entstanden; inzwischen geht man davon aus, dass die vierte Orchestersuite zumindest in einer frühen Form schon in Weimar entstanden sein muss; dann passt sie doch als Vorlage für eine Kantate von 1725
- 33. 2. Weihnachtsfeiertag: BWV 40
- »Dazu ist erschienen der Sohn Gottes« aus dem 1. Leipziger Kantatenjahrgang. Die festliche Stimmung machen hier auch nicht Trompeten, sondern Hörner; eine gewisse Parallele zu den Kantaten des Weihnachtsoratoriums kann man darin sehen, dass schon sehr früh ein Choral eingestreut wird »Die Sünd macht Leid«
- 34. 2. Weihnachtstag: BWV 121
- »Christum wir sollen loben schon« ist die Choralkantate aus dem 2. Jahrgang, wiederum nach einem Lied von Luther
- 35. 2. Weihnachtstag: BWV 57
- »Selig ist der Mann«; der zweite Weihnachtstag ist ja auch der Tag eines Märtyrers, Stephanus; dieser »Dialogus«, vermutlich zum 26. Dezember 1725 geschrieben, ist ihm gewidmet
- 36. 3. Weihnachtstag: BWV 64
- »Sehet, welch eine Liebe« ist aus dem 1. Leipziger Kantatenjahrgang, sie besteht us dem Eingangschor, zwei Rezitativen, zwei Arien und drei Chorälen
- 37. 3. Weihnachtstag BWV 151
- »Süßer Trost, mein Jesus kömmt«; der pastorale Charakter weiter Teile der Musik passt im Weihnachtsoratorium eher zum zweiten Festtag; hier im dritten Jahrgang hat Bach vermutlich mit der sparsamen Instrumentation und der Beschränkung des Chores auf den Schusschoral Rücksicht auf die starke Beansrpuchung der Sänger und Musiker an Weihnachten Rücksicht genommen
- 38. 3. Weihnachtstag: BWV 133
- »Ich freue mich in dir«, die Choralkantate aus dem 2. Jahrgang, den Liedtext schrieb Kaspar Ziegler 1697
- 39. Sonntag nach Weihnachten: BWV 152
- Die Kantate »Tritt auf die Glaubensbahn« aus der Weimarer Zeit hat nur zwei Solisten und keinen Chor, auch das Instrumentarium ist kammermusikalisch übersichtlich; sie erinnert sehr an die »Kleinen geistlichen Konzerte« von Heinrich Schütz oder die Kantaten von Dietrich Buxtehude aus dem 17. Jahrhundert
- 40. Sonntag nach Weihnachten: BWV 122
- »Das neugeborene Kindelein«, die Choralkantate nach dem Lied von Cyriakus Schneegaß hat den Ablauf Chor–Arie–Rezitativ–Terzett–Rezitativ–Choral; der erste Chor ist vollstimmig und mit einem Cantus firmus wie ein Choralvorspiel, die darauf folgende Bassarie hat nur Basso continuo als Begleitung (kennt man aus Händel-Opern), das folgende Rezitativ wird dann außer vom continuo von drei Blockflöten begleitet, auch das Terzuett ist wieder eine Choralbearbeitung, der Cantus firmus ist nun im Alt (in der Einleitung war er im Sopran), das Bass-Rezitativ vor dem Schluss ist von Streichern begleitet wie Jesus in der Matthäuspassion, im Schlusschoral kommen dann alle zusammen
- 41. Sonntag nach Weihnachten: BWV 28
- »Gottlob, nun geht das Jahr zu Ende« ist eine eher kurze Kantate aus dem 3. Jahrgang, die untypischerweise mit einer Sopranarie beginnt, auf die dann eine kontraounktische Choralbearbeitung mit vollem Orchester (Zink und drei Posaunen nebst Oboen und Streichern) folgt, erst das Bass-Arioso wird dann etwas weniger dicht, das Tenor-Rezitativ dann wieder von Streichern begleitet und erst das Duett von Tenor und Alt dann Operntypisch nur vom continuo begleitet, bevor der Schlusschoral dann wieder das Ganze Instrumentarium aufbietet
- 42. Neujahrstag (Beschneidung Christi): BWV 190
- »Singet dem Herrn ein neues Lied« ist die erste Leipziger Neujahrskantate von Bach, was Sie hier hören ist eine Rekonstruktion, die ersten beiden Sätze sind nicht original erhalten, und im 5. Satz weiß man nicht, welches Solo-Instrument gemeint ist; der Text kombiniert u. a. Psalmverse und Luthers deutsche Fassung des Tedeum; die Kantate ist dem 4. Teil des Weihnachtsoratoriums sehr nah
- 43. Neujahrstag (Beschneidung Christi): BWV 41
- »Jesus, nun sei gepreiset«, die Neujahrskantate aus dem Choralkantatenjahrgang verwendet ein Lied von Johann Hermann, einem Vorgänger Bachs als Thomaskantor; Besonderheiten sind der ungewöhnlich ausgedehnte erste Chorsatz und das konzertierende Violoncello piccolo in der Tenorarie
- 44. Neujahrstag (Beschneidung Christi): BWV 16
- »Herr Gott, dich loben wir«, heute geht man davon aus, dass Bach die Kantate für den Neujahrstag 1726 geschrieben hat, der Text jedoch stammt schon von 1711
- 45. Neujahrstag (Beschneidung Christi): BWV 171
- »Gott, so wie dein Name ist auch dein Ruhm«, der Eingangschor wurde schon i Zusammenhang mit der Messe in h-Moll verlinkt, hier nun die ganze Kantate
- 46. Neujahrstag (Beschneidung Christi): BWV 143
- »Lobe den Herren meine Seele«, wenn diese Kantate überhaupt von Bach stammt, dann muss er wie schon in Mühlhausen oder in Weimar komponiert haben
- 47. Sonntag nach Neujahr: BWV 153
- »Schau, lieber Gott, wie meine Feind«, anlässlich des Kindermords zu Bethlehem, der in der Lesung des Tages angesprochen wird, wird die Situation bedrängter Christen beleuchtet
- 48. Sonntag nach Neujahr: BWV 58
- »Ach Gott, wie manches Herzeleid«, aus dem 3. Kantatenjahrgang, uraufgeführt am 5. Januar 1727, nur zwei Solostimmen (Bass und Sopran), die am Anfang und am Schluss ein Duett haben, kein Chor und außer Streichern auch nur ein Oboentrio
- 49. Epiphanias: BWV 65
- »Sie werden aus Saba alle kommen«, das ist nun wieder eine bekanntere Kantate, sie gehört in den ersten Jahrgang und schließt da die Weihnachtsfeiern festlich ab
- 50. Epiphanias: BWV 123
- »Liebster Immanuel, Herzog der Frommen«, Choralkantate für den 6. Januar 1725 nach dem Lied von Ahasverus Fritzsch; der Schlusschoral endet im Piano, was recht ungewöhnlich ist
- 51. Musikbeispiel 6: Ausschnitt aus der Matthäuspassion
- In der Singakademie hatte Mendelssohn 1829 die Rezitative am Flügel begleitet, aber als er 1841 die Matthäuspassion noch einmal in der Leipziger Thomaskirche auffphrte, musste er eine andere Lösung finden; zum Glück hatte Meyerbeer inzwischen für die Verbreitung einer Methode gesorgt: In »Les huguenots« werden die Rezitative Marcels, wenn er sich besonders lutherisch benimmt mit Cello-Doppelgriffen begleitet, eine Methode, die um 1820 von Liebhabern alter Musik erfunden worden war; hier hlren wir einen Ausschnitt aus Mendelssohns Bearbeitung der Matthäuspassion, bei der man dies hören kann
- 52. Musikbeispiel 7: Meyerbeer, »Les huguenots«
- Auftritt Marcels; einige seiner Sätze werden nur von einem Doppelgriffe spielenden Violoncello begleitet; der Luther-Choral passt natürlich auch in unser Thema
5. Abend Bach heute
-
- 01. Präludium und Fuge BWV 847 1. Interpretation
- Eine aktuelle Aufnahme des 2. Präludiums und der dazugehörenden Fuge aus dem 1. Teil des Wohltemperierten Klaviers; Vikingur Ólafsson spielt – wie könnte es anders sein – auf einem Flügel von Steinway & Sons
- 02. Präludium und Fuge BWV 847 2. Interpretation
- Masato Suzuki spielt auf einem niederländischen Cembalo-Nachbau von 1987, also einem Instrument wie es auch Bach zur Verfügung gestanden haben könnte; ein zweites Manual ist von Bach allerdings für das »Wohltemperierte Klavier« nicht vorgesehen, Suzuki spielt denn auch nur auf dem Hauptmanual (dem unteren) und koppelt das zweite Manual im Präludium an, um den Klang zu verstärken
- 03. Musikbeispiel 1: Die Fuge optisch aufbereitet
- Auch wer des Notenlesens nicht mächtig ist, kann hier den drei unabhängigen Stimmen der Fuge durch die farbige Markierung leicht folgen
- 04. Ragtime (wohltemperiert) Fassung für Klavier zu vier Händen
- »Stile barbaro« nennt man diese Kompositionsweise des frühen 20. Jahrhunderts, der Name ist abgeleitet von einem Klavierstück von Béla Bartók, »Allegro barbaro«; Hindemith wollte seinem Verleger damit beweisen, dass er jede Art von Musik beherrscht, auch die sogenannte Unterhaltungsmusik (Ragtime), und sich dabei immer auf seine klassische Bildung verlassen lkann
- 05. Musikbeispiel 2: Ragtime (wohltemperiert), Orchesterfassung
- Mit großem Orchester wirkt die Musik seltsamerweise weniger brutal; hier vom Entdecker dirigiert, Gerd Albrecht
- 06. Choral Vom Himmel hoch 1
- »Schaut hin, dort liegt im finstern Stall« aus dem 2. Teil des Weihnachtsoratoriums, das ist aber nicht die Harmonisierung, die Strawinsky verwendet
- 07. Choral Vom Himmel hoch 2
- »Ach, mein herzliebes Jesulein«, so endet der erste Teil des Weihnachtsoratoriums, aber auch das klingt anders als Strawinsky, achten Sie auf die Bassführung; aber immerhin gibt es strahlende Trompeten, wenn auch nur in den Zwischenspielen
- 08. Choral vom Himmel hoch 3
- »Wir singen dir in deinem Heer«, damit schließt der zweite Teil; der Zweite Teil beginnt nicht mit Oauken und Trompeten, sondern mit meiner pastoralen Sinfonia – dementsprechend endet er auch mit einer Choralbearbeitung, die Holzbläser für in den Zwischenspielen verwendet; aber auch das ist eine andere Harmonisierung als bei Strawinsky
- 09. Strawinsky/Bach Choral-Variationen (Choral)
- Das ist die Harmonisierung, die Strawinsky den Variationen voranstellt, klingt wie Bach, ist aber Strawinsky
- 10. Musikbeispiel 3: 1. Variation
- Marie-Claire Alain spielt die erste Variation; der »Cantus firmus« (die Choralmelodie) wird mit den Pedalen gespielt, das können Sie später sehen
- 11. Musikbeispiel 4: Strawinsky/Bach Choral-Variationen 2
- Strawinsky ahmt mit Holzbläsern und Harfe ein wenig den Klang der Orgel nach und setzt den »cantus firmus« deutlich ab, indem er ihn den Streichinstrumenten überträgt
- 12. Musikbeispiel 5: Variation III
- Noch einmal Marie-Claire Alain mit dem Original von Bach
- 13. Musikbeispiel 6: Bach/Strawinsky Variation III
- Ab der zweiten Variation übergibt Strawinsky den »cantus firmus« dem Chor, hier ist das der Rundfunkchor Berlin; allerdings singen die vier Mal die erste Strophe – etwas langweilig, und so hat es sich Bach gewiss nicht vorgestellt
- 14. Einige canonische Veränderungen...
- Und nun das komplette Werk von Bach auf einer Orgel von 1736 gespielt und in einer veränderten Reihenfolge der Variationen gemäß Manuskript
- 15. Igor Strawinsky J. S. Bach Choral-Variationen
- Jetzt das ganze Werk von Strawinsky, wieder ist der Berliner Rundfunkchor beteiligt, aber das Ganze wurde in einer Kirche in Flandern aufgenommen; sehr gut kann man hier das typisch deutsche »Vorausdirigieren« beobachten; der Dirigent ist immer einen Augenblick voraus und das muss er ja auch sein, wenn er das Orchester anleiten soll, sonst würde er ja nur ein Tänzchen zur Musik aufführen
- 16. Musikbeispiel 7: Präludium und Fuge BWV 847
- Wanda Landowska war eine Pionierin des Cembalospiels, sie ließ sich 1912 von der berühmten Klavierbauerfirma Pleyel ein Cembalo bauen, das allerdings einen deutich anderen Klang hat als die historischen oder nachgebauten Instrumente, die man heute kennt; die Aufnahme dieses berühmtesten aller Präludien und Fugen entstand 1949
- 17. Musikbeispiel 8: Jacques Loussier Play Bach Nr 1
- Auf der ersten LP von Jacques Loussier durfte natürlich das berühmteste Klavierstück von Bach nicht fehlen – zumal es ja auch noch eine französische Geschichte hat...
- 18. Méditation sur le premier Prélude de piano de J. S: Bach
- Sie werden diese Musik als das berühmte »Ave Maria« kennen, 1852 hatte die ursprüngliche Bearbeitung von Charles Gounod (1818–1893) jedoch noch keinen Text, und es wäre auch ein anderes Melodieinstrument denkbar; hier hören wir sie auf einer Amati-Violine von 1647 gespielt
- 19. Jacques Loussier 2007 Burghausen
- Auch mit seiner zweiten Formation hatte Loussier natürlich das berühmte Präludium im Repertoire, hier ist das ganze Konzert von der Jazzwoche Burghausen 2007, das mjit dem Präludium beginnt
- 20. Violet Gordon-Woodhouse spielt Bach
- Auch Violet Gordon-Woodhouse (1872–1948) gehört zu den Pionierinnen des Cembalos; sie war befreundet mit den Dolmetschs und spielte deren Instrumente, also Instrumente nach historischem Vorbild was den Aufbau betrifft (kein gußeiserner Rahmen), was man dem Klang dieser Aufnahmen von 1920 bis 1941 auch anhört
- 21. Wanda Landowska spielt Händel 1923
- »The Harmonious Blacksmith« ist ein Variationenwerk von Händel, das sich insofern von Bachs ähnlichen Variationenwerken unterscheidet, dass das Thema der Populärmusik entlehnt ist; dies ist eine der ersten Schallplattenaufnahmen von Wanda Landowska; das Cembalo klingt sehr nach Klavier, was auch daran liegt, dass es ein Cembalo des Klavierbauers Pleyel ist
- 22. Wanda Landowska: Goldberg-Variationen 1933
- Wanda Landowska spielte 1933 als erste die Goldberg-Variationen komplett auf einem Cembalo ein; alternativ können Sie bei YouTube auch eine Aufnahme von 1945 finden
- 23. Musikbeispiel 9: Robert Oboussier, Fünf Abbreviationen
- Eta Harich-Schneider war eine Pionierin des Cembalos im 20. Jahrhundert und muss zusammen mit Wanda Landowska, Arnold Dolmetsch, Günther Ramin und Ralph Kirkpatrick genannt werden; wie diese hat sie auch zeitgenössische Komponisten angeregt, hier Robert Oboussier (1900–1957)
- 24. BWV 772–801 auf dem Clavichord
- Eta Harich-Schneider spielt die Inventionen und Sinfonien auf einem von Walter Ebeloe 1934 nach historischem Vorbild gebauten Clavichord, Aufnahme von 1950
- 25. Ralph Kirkpatrick: Italienisches Konzert BWV 971
- Eine der ältesten Aufnahmen von Ralph Kirkpatrick von 1937; auch dies ist noch ein »modernes« Cembalo
- 26. Gustav Leonhardt BWV 971
- Jetzt endlich das »Italienische Konzert« auf einem historischen Instrument gespielt, es ist ein von Christian Zell 1728 in Hamburg gebautes
- 27. Monteverdi Orfeo dirigiert von Paul Hindemith
- Dieses Konzert im Wiener Konzerthaus ist so etwas wie das Gründungskonzert des Concentus Musicus, der offiziell allerdings seine Tätigkeit erst 1957 aufnahm
- 28. Monteverdi Orfeo 1939 Teatro alla Scala
- So wurde Barockmusik bis zur Mitte des Jahrhunderts aufgeführt: auf modernen Instrumenten und mit wenig Kenntnis der historischen Gegebenheiten
- 29. Brandenburgisches Konzert Nr. 5 1. Interpretation
- Ds 5. Brandenburgische Konzert folgt dem Prinzip eines »Concerto grosso« mit einer Flöte, einer Violine und einem Tasteninstrument als »concertino«, das mit dem Streichorchester in den Wettstreit (Konzert) tritt; das »Clavier«, das Tasteninstrument also, war zu Bachs Zeiten ein Cembalo, es hätte aber auch ein Clavichord, ein Spinett oder eine Orgel sein dürfen, nur das »Klavier«, wie wir es heute verstehen gab es noch nicht, es wurde gerade erst entwickelt; In dieser Aufnahme von 1959 spielt Leonard Bernstein diesen Part auf einem modernen Konzertflügel (kein Steinway & Sons, sondern ein Baldwin aus Cincinnati, eine Firma, die noch bis 2008 existierte), auch der Flötist Julius Baker sielt eine moderne Querflöte, die Streichinstrumente, die gespiet werden mögen ältere Instrumente sein, sie sind aber alle modernisiert, d. h. sie haben einen verlängerten Steg und sind mit Stahlsaiten ausgestattet; das einzige, was der »alten Musik« angepasst ist, ist der leichte Anschlag Bernsteins – er »haut« nicht so in die Tasten, wie es bei einem Konzert von Brahms oder Tschaikowsky angemessen wäre und natürlich auch die »kleine« Besetzung des Orchesters
- 30. Brandenburgisches Konzert Nr. 5 erklärt von Harnoncourt
- Die zweite Interpretation kommt vom Concentus Musicus unter der Leitung von Nikolaus Harnoncourt; die Schallplattenufnahme der Brandenburgischen Konzert brachte 1965 den internationalen Durchbruch des Cocentus Musicus; diese Fernsehsendung beginnt mit einem längeren Interview mit Harnoncourt, in dem auch Beispiele vor gestellt werden
- 31. Brandenburgisches Konzert Nr. 5 3. Interpretation
- Und als Abschluss auch hier wieder (wie beim 4. Brandenurgischen Konzert) das Freiburger Barockorchester im Spiegelsaal des Schlosses Köthen; wenn an nichts anderem, dann merken wir an den schnelleren Tempi, dass inzwischen Barockmusik im »Originalklang« viel selbstverständlicher geworden ist
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen
Hinweis: Nur ein Mitglied dieses Blogs kann Kommentare posten.