Am 10. Januar beginnt der neue Kurs, das ist schon bald, daher hier ein kurzer Überblick über die zweite Hälfte der Opernspielzeit. Die ersten Berliner Premieren werden Written on Skin an der Deutschen Oper und Der goldene Hahn an der Komischen Oper sein. Beides sind keine Neuinszenierungen, sondern Übernahmen aus anderen Opernhäusern, wir haben beide schon im letzten Kurs besprochen – mit entsprechenden Videobeispielen, teilweise auch in alternativen Interpretationen. Am 4. Februar gibt es die erste Premiere des Jahres an der Staatsoper, Rusalka von Antonín Dvořák. Robin Ticciati dirigiert, Christiane Karg und Pavel Černoch sind Rusalka und Prinz. Das wird bei uns Thema des ersten Abends sein. Rusalka gibt es in unzähligen Ton- und Videoaufnahmen zu sehen, der Klassiker ist der Kinofilm von Petr Weigl aus dem Jahr 1977. Weigls Prinzip war: Tonaufnahme im Tonstudio, Bildaufnahme mit Schauspielern, die manchmal so tun als würden sie singen, manchmal auch nicht, in der Natur oder im Filmstudio. Meist werden die Opern dafür gekürzt, wenn nicht radikal auf fernsehtüchtige 90 Minuten, so doch wenigstens auf zwei Stunden, so auch bei Rusalka, was bedeutet, dass etwa eine halbe Stunde fehlt (hier der Link). Die gerade dreißigjährige slowakische Sopranistin Gabriela Beňačková sang damals die Titelpartie. Sieben Jahre später nahm sie mit dem polnischen Tenor Wieslaw Ochman als Prinz die gesamte Oper für die Schallplatte und die damals ganz neue CD auf, Vaclav Neumann war der Dirigient, hier der Link zur Tonaufnahme. Weitere Vergleiche wird es dann in der VHS-Cloud geben.
An der Staatsoper wird es dann bis Juni keine neuen Produktionen mehr geben, aber schon im März sind wieder die Komische Oper und die Deutsche Oper dran: Hercules von Georg Friedrich Händel in der Komischen Oper (im Schillertheater) und Pikowaja Dama von Peter I. Tschaikowsky in der Deutschen Oper. Hercules ist ein »musical drama«, aber zu Händels Lebzeiten gab es nur konzertante Aufführungen. Erst 1925 begann das Bühnenleben dieses Werks in Münster, einem der Zentren der damaligen »Händel-Renaissance«. Barrie Kosky inszenierte die Oper 2023 in Frankfurt am Main, es ist also nichts ganz Neues. Auf YouTube kann man eine komplette Aufführung der Oper aus Budapest finden. Vor allem aber gibt es Tonaufnahmen zu entdecken. Franco Corelli und Ettore Bastianini singen Händel! Fedora Barbieri und Elisabeth Schwarzkopf kommen dazu und Jerome Hines ist in der Titelpartie zu hören: Das ist eine von Lovro von Matacic dirigierte Aufführung der Mailänder Scala in italienischer Sprache von 1958. Leider klingt es sehr nach Radio der 50er Jahre. Besser klingen da die neueren Aufnahmen, die gleichzeitig ein ganz anderes Verständnis der Barockmusik repräsentieren wie diese von John Eliot Gardiner dirigierte. Die Ouvertüre ist nicht vollständig, daher hier noch extra die Ouvertüre (hier kann man die ganze Aufnahme in einzelnen Takes hören). Nicht zu verwechseln ist die Oper Heracles mit dem Oratorium The choice of Heracles, das Händel sechs Jahre später verfasste, hier in einer Aufnahme aus Göttingen.
Eine Neuinszenierung der Pique Dame, dem Original angenähert Pikowaja Dama genannt, war schon 2020 an der Deutschen Oper geplant, aber dann kam der Lockdown. Graham Vick sollte inszenieren, inzwischen ist er leider verstorben, aber sein Bühnenbildner Stuart Nunn, der auch 2017 bei Death in Venice, der letzten Arbeit Graham Vicks an der Deutschen Oper, dabei war, ist als Bühnen- und Kostümbildner dabeigeblieben. Es inszeniert jetzt Sam Brown, der auf der Homepage der Deutschen Oper so an Graham Vick erinnert. 1969 und 1978 gab es die letzten Neuinszenierungen dieser Oper an dem Haus, beide hielten sich nicht lange im Repertoire. Vielleicht erinnern Sie sich noch an die Gräfin in der Inszenierung von 1978, Martha Mödl; sie war danach noch mindestens zwei Jahrzehnte, die Gräfin vom Dienst – in Köln, in Wien, in New York...
Auf YouTube können Sie sie in dieser Kölner Aufführung von 1981 bewundern, die von Gerd Albrecht dirigiert wird, der 1978 auch in Berlin dirigierte. Hermann ist René Kollo. International waren in dieser Zeit Wladimir Atlantow, Tamara Milashkina und Juri Masurok die bedeutendsten Interpreten dieser Oper, hier sind sie in einer Aufführung des Bolschoi-Theaters von 1982 zu sehen. Auch den sowjetischen Film von 1960 mit den Stimmen von Zurab Andzhaparidse als Hermann und ebenfalls Tamara Milashkina als Lisa ist bei YouTube zu finden, hier.
Im April kommen noch einmal Deutsche Oper und Komische Oper mit Strauss und Mozart im April. Tobias Kratzer und Sir Donald Runnicles setzen ihre Strauss-Reihe mit Intermezzo fort und auch an der Komischen Oper gibt es eine Fortsetzung, Kirill Serebrennikov inszeniert nach Così fan tutte jetzt Le nozze di Figaro. Im Mai gibt es gar keine Premiere in Berlin, aber im Juni noch einmal vier: Chowanschtschina von Modest Mussorgski und eine Uraufführung an der Staatsoper, die DDR-Operette Messeschlager Gisela an der Komischen Oper (im Zelt vor dem Roten Rathaus) und Nixon in China an der Deutschen Oper. Informationen darüber und Ausblicke auf andere Opernhäuser und Theater folgen demnächst. Nun wünsche ich Ihnen einen guten Rutsch ins neue Jahr und einen guten Start ihr
Curt A. Roesler
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