Freitag, 30. April 2021

Johann Sebastian Bach

Der letzte Post zu Lorenzo da Ponte hat leider viel zu lange im Ausgangskorb gehangen. Jetzt ist er raus – zum Nachlesen, denn die »Zehlendorfer Operngespräche« sind schon in die Sommerpause gegangen. Voraussichtich im September geht es weiter. An der gleichen Stelle (Mittwochs 18.15 Uhr) in der VHS Zehlendorf kommen jetzt aber noch fünf Abende mit Johann Sebastian Bach.

Bach begleitet mich schon mein ganzes Leben. Er war der erste musikalische Fixstern für mich. Als ich ihn mit elf, zwölf Jahren im Plattenschrank meines Vaters und in Konzerten entdeckte, wollte ich erst einmal überhaupt keine andere Musik mehr hören. Und ich wollte alles wissen über diesen außergewöhnlnichen Komponisten, schließlich wollte ich ja selbst vielleicht einmal Komponist werden. Schnell war die Biografie von Albert Schweitzer zur Hand, im Bekanntenkreis meiner Eltern gab es eine ärztliche Mitarbeiterin von ihm, die ausführlich aus Lambaréné berichtete, wo er ja damals noch lebte. Nicht so einfach war die Begegnung mit seinen Orgelaufnahmen. Die Noten, die ich kannte, hörten sich in meinem inneren Ohr und auch bein meinen ersten Versuchen auf diesem Instrument anders an. Nicht so dumpf und auch flüssiger im Tempo – das zumindest im Ohr, wenn auch nicht unbedingt auf den Tasten. In der örtlichen Stadtbibliothek gab es aber nicht nur die Biografie von Albert Schweitzer (veröffentlicht 1908), sondern auch das zweibändige Standardwerk von Philipp Spitta (1873 und 1880 veröffentlicht). Das habe ich zwar nicht ganz geschafft während der Ausleihfrist, aber immerhin wusste ich nun schon besser Bescheid über den Komponisten. Ich wollte alles kennenlernen, was er komponiert hat und deswegen habe ich später – immer  noch als Jugendlicher – das Taschengeld für mehrere Monate in das Bach-Werke-Verzeichnis investiert. Der lange Titel des von Wolfgang Schmieder zum 200. Todestag 1950 herausgegebenen Buches lautet Thematisch-systematisches Verzeichnis der Werke Joh. Seb. Bachs. Kurz ist es das BWV und die Nummerierung, die – anders als die Ziffern im »Köchel-Verzeichnis« der Werke Mozarts – nichts mit der Entstehungszeit der Werke zu tun hat, wird bis heute in allen Konzertprogrammen verwendet. Es fängt mit den Kirchenkantaten an, sie tragen die Nummern 1 bis 200. 1080, die letzte Nummer vor dem Anhang, in dem zweifelhafte und fälschlich zugeschriebene Werke aufgeführt sind, gehört der Kunst der Fuge. Darin enthalten ist zwar tatsächlich das letzte unvollendete Werk Johann Sebastian Bachs, aber das ist nicht der Grund dafür, dass es die hohe Ziffer bekommen hat; es steht da zusammen mit dem Musikalischen Opfer BWV 1079 als eines von zwei Werken, die sich sonst nirgendwo systematisch einordnen lassen. Das Bach-Werke-Verzeichnis enthält von jedem einzelnen Satz der Instrumentalwerke, von jedem Rezittiv und jeder Arie in den Vokalwerken die ersten Takte als Klavierauszug. Es ist also ganz gut möglich sich über das Schaffen von Bach daraus einen Überblick zu verschaffen. Die große Leistung von Wolfgang Schmieder aber ist, dass er alle Quellen zusammengetragen hat. Bei jedem Werk erfahren wir außer der genauen Besetzung, wann und unter welchen Umständen es geschrieben wurde – soweit das überhaupt zu ermitteln war –, wo sich das Original befindet, welche Ausgaben es gibt und wo man mehr erfahren kann.

Die erste Bach-Biografie, die ich selbst gekauft habe, war die »rororo-bildmonographie«. Damals war das die Überetzung der Biografie von Luc André Marcel aus dem Französischen, die ich begierig aufgesogen habe und aus der sich bis heute mein Basis-Wissen um Johann Sebastian Bach speist. 1993 ist bei rororo eine neue von Martin Geck herausgekommen, die bis heute im Programm ist – und natürlich für Laien wie Fachleute sehr empfehlenswert.

Am ersten Abend lernen wir die Familie Bach kennen, vom Urahn Hans Bach, der 1504 geboren wurde, bis zu den drei als Komponisten hochangesehenen Söhnen Johann Sebastians, Johann Christian, Carl Philipp Emanuel und Wilhelm Friedemann. Viele übten die Musik im Nebenberuf aus, als Stadtpfeifer, Organisten etc. Herausragende Komponisten vor Johann Sebastian sind: Heinrich Bach (1615–1692), der wie Veit Bach, der von Johann Sebastian selbst als Urahn angeführt wird, noch in Wechmar lebte; Johann Christoph Bach (1642–1703), der in Arnstadt und später in Eisenach wirkte; Johann Ludwig Bach (1677–1731), von dem Johann Sebastian einige Kantaten abschrieb, so dass sie eine Zeitlang für seine Werke gehalten wurden.

Am zweiten Abend folgen wir dem bewegten Leben Johann Sebasttian Bachs von Eisenach über Ohrdruf, Sangerhausen und Weimar, Mühlhausen und Köthen, bis er schließlich 1723 Thomas-Kantor in Leipzig wird. (Mühlhausen verwechselte ich zuerst natürlich mit Mulhouse und wunderte mich, wieso Bach so weit in den Süden gekommen sein sollte, aber es klärte sich schnell auf, dass es nicht das elsässische Mühlhausen, sondern das thüringische ist.) In diesen Jahren entstand sehr viel weltliche Musik, die Violinkonzerte etwa und die Brandenburgischen Konzerte, aber auch sehr viele Orgelwerke wie die berühmte Toccata und Fuge d-Moll, die so oft bearbeitet wurde.

Der dritte Abend gehört dann dem Thomaskantor, der die großen Passionen schrieb und mehrere Kantatenjahrgänge, aber auch erste Werke im Druck veröffentlichte und auch immer noch Reisen unternahm – u. a. nach Berlin und Potsdam zu Friedrich II.

Am vierten Abend befassen wir uns mit der Wirkung, die Johann Sebastian Bach auf seine Nachwelt hatte; mit einiger Verzögerung fing es erst an, denn zuerst wurde seine Musik als altmodisch gesehen und niemand wollte sich damit befassen, aber spätestens seit Felix Mendelssohn Bartholdy 1829 die Matthäus-Passion wieder zur Aufführung brachte, fing eine wahre Renaissance an.

Am letzten Abend schauen wir in unser gegenwärtiges Musikleben (oder sagen wir das Musikleben, das wir bis vor eineinhalb Jahren gehabt haben und das wir in Zukunft hoffentich wieder haben werden). Die Bandbreite der Aufführungen ist enorm groß und reicht von Interpretationen mit großem Sinfonieorchester bis zu Spezialensembles, die auf historischen bzw. historisch nachgebauten Instrumenten spielen.

Am Mittwoch geht es los, man kann sich hier noch anmelden.

Bleiben Sie gesund, bis bald

Curt A. Roesler

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