Montag, 25. Januar 2021

Fidelio in Charlottenburg

 Mit Fidelio wurde das Deutsche Opernhaus in Chaerlottenburg am 7. November 1912 eröffnet. 50 Jahre später erinnerte eine Neuinszenierung in der wiederaufgebauten Deutschen Oper Berlin an dieses Ereignis. zwei Monate später wurde diese Inszenierung vom Fernsehen unter Studiobedingungen im Haus aufgezeichnet. Am 17. Juni wurde diese Aufzeichnung erstmals im Fernsehen gezeigt. Das Datum war bewusst gewählt worden, es sollte damit den in der DDR 10 Jahre zuvor verfolgten Aufständischen ein Denkmal gesetzt werden. Diese Fernsehaufzeichnung ist auf der zweiten DVD in der in der ersten Box der Jubiläumsserie festgehalten. Bemerkenswert ist, dass die beiden Werke, die das Charlottenburger Opernhaus 1912 und 1961 eröffneten, keine pompösen Festopern sind, sondern Werke aus dem Kernrepertoire. Anders als die Staatsoper Unter den Linden, die 1955 mit den Meistersingern wiedereröffnet wurde, wählten die Verantwortlichen 1961 eine Mozart-Oper. Und auch schon 1912 fiel die Wahl nicht auf Wagner – was angesichts der Baugeschichte und der Absichten für die Zukunft nahegelegen hätte – sondern auf Beethoven. Und damit auf die Traditionslinien der Komischen Oper an der Weidendammer Brücke, die 1911 geschlossen wurde, und nicht auf die der großen repräsentativen Häuser.

Im Juni 2021 sollte David Hermann an der Deutschen Oper Berlin eine Neuinszenierung des Fidelio vornehmen, die dann neunte an dieser Stelle. Ob es dazu kommt, ist angesichts der derzeitigen Situation allerdings höchst unsicher. Im Schnitt wäre es dann etwa alle 12 bis 13 Jahre zu einer Neuinterpretation des Meisterwerks von Ludwig van Beethoven gekommen. Das ist sicher nicht zu viel, es gibt immer wieder einen Grund, das Werk neu zu befragen und zu bewerten. Und so unterscheiden sich die in Frage kommenden Inszenierungen auch oft ganz grundsätzlich. Meist haben sich die Intedanten selbst der Aufgabe unterzogen, so sie denn Regisseure waren. So auch beim ersten Mal, da war es Georg Hartmann. Die eigentliche Sensation aber war die Wahl des Dirigenten im letzten Jahrzehnt des Kaisertums, wo der Rassismus schon deutlich zutage trat. Es war der, wie man es damals ausdrückte, »polnische Jude« Ignatz Waghalter, der auch als Generalmusikdirektor verpflichtet worden war. Elsa Bland, eine international renommierte Wagner-Sängerin war die Leonore, Alexander Kirchner Florestan. Beide blieben nicht lange im Ensemble des Deutschen Opernhauses, hingterließen aber deutliche Spuren. Kirchner etwa mit seiner Interpretation des Dick Johnson in der deutschen Erstaufführung von Puccinis Mädchen aus dem goldenen Westen, die auch den Komponisten tief beeindruckte. – Am 14. September 1926 dirigierte Bruno Walter, Generalmusikdirektor der Städtischen Oper seit einem Jahr, Fidelio. Und er dirigierte nicht nur, er führte auch Regie. Die Bühnenbilder kamen von dem berühmten Alfred Roller. Und auch ihm stand ein Ensemble von internationalem Format zur Verfügung: Helene Wildbrunn und Karl Aagard Oestvig als Leonore und Florestan, Wilhelm Rode, auf den wir gleich noch kommen, war Pizarro und kein geringerer als Alexander Kipnis sang den Minister. Es waren die künstlerisch äußerst fruchtbaren Jahre der Weimarer Republik. Nur ein Jahr später kam an der legendären Krolloper eine Konkurrenzinszenierung heraus. Otto Klemperer, der künstlerische Leiter des Hauses, dirigerte und zusammen mit dem Bühnenbildner Ewald Dülberg führte er auch Regie. – 1937 war das Haus fest in der Hand der Nazis, Intendant war Hitlers Lieblingssänger Wilhelm Rode, dem es bestimmt nicht gepasst hat, unter Bruno Walter arbeiten zu müssen, konnte nun auch als Regisseur nach seinem Gutdünken schalten und walten. Er sang natürlich selbst wieder den Pizarro, Elsa Larcen war Leonore und als Florestan holte er Willy Störring, der bis 1935 an der Staatsoper gesungen hatte und nun in Weimar engagiert war. Als Bühnenbildner holte er sich den szenischen Leiter der Bayreuther Festspiele, Emil Preetorius. Die Premiere war am 26. November. – 1945 ein Neuanfang im Theater des Westens. Nachdem schon im August ein Großer Gala-Ballettabend exklusiv für die Besatzungskräfte organisiert worden war, probierte Robert Heger mit den in Berlin verbliebenen ehemaligen Sängern und Musikern des Deutschen Opernhauses Fidelio. Karina Kutz sang die Leonore und Günther Treptow, der aus Wien in seine Heimatstadt zurückgekommen war, den Florestan. Die Premiere am 2. September war ebenfalls noch den Besatzungsmitgliedern vorbehalten, aber ab dem 4. September durften auch die Berliner in das Haus. Die Inszenierung von Hans Wenzel in Bühnenbildern von Paul Haferung muss sehr spartanisch gewesen sein. – 1949 dann eine echte Neuinszenierung. Der neue Generalmusikdirektor Ferenc Fricsay dirigierte, Christel Goltz und Boris Greverus waren Leonore und Florestan. Heiz Tietjen war jetzt Intendant und inszenierte selbstverständlich; und er holte sich Emil Preetorius als Bühnenbildner, den er ja aus Bayreuth kannte. Von der Premiere am 5. Juni 1949 blieb die Inszenierung bis zum 14. Mai 1961 im Repertoire der Städtischen Oper, wurde aber nicht in die Bismarckstraße übernommen, da ja hier eine Neuinszenierung am 7. November 1962 bevorstand. Danach kam es bi heute noch zu zwei weiteren Neuinszenierungen, 1984 von Jean-Pierre Ponnelle und 2002 von Christof Nel.

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