Samstag, 16. Januar 2021

Der erste Beitrag im neuen Jahr

Am Mittwoch geht es wieder los mit den Zehlendorfer Operngesprächen. Es sind noch Plätze frei im Kurs, hier geht es zur Anmeldung. Gerade hat uns alle die Nachricht erreicht, dass die Theater in Berlin bis Ostern geschlossen bleiben. Eine Meldung die es bis auf die Website von Musical America geschafft hat. Sicher rutscht sie bald nach unten, aber die Seite ist allemal zu empfehlen, denn dort findet man  wöchentlich eine Zusammenfassung der anstehenden Streams von Opern und Konzerten, was uns in den nächsten Wochen vielleicht beschäftigen wird. Mein Vorschlag – der wie immer wirkrlich nur ein Vorschlag ist – geht dahin, dass wir uns jetzt erst einmal mit der Jubiläums-DVD-Reihe der Deutschen Oper Berlin befassen. Das kommt einer Geschichte des Hauses nahe, allerdings mit einigen schmerzlichen Lücken – die können wir aber nebenbei füllen. Die erste Box (hier die Informationen von Arthaus Musik, bestellen kann man natürlich beim Händler seiner eigenen Wahl) umfasst fünf Opern des Kernrepertoires und eine Rarität, alle aufgezeichnet im ersten Jahrzehnt. Mozart, Beethoven, Verdi und Cimarosa in exemplarischen Aufführungen der Sechziger. Es fehlt komplett der Aspekt der zeitgenössischen Musik, die ja ein wesentlicher Teiul des Profils der Deutschen Oper Berlin von Anfang an war. Das liegt daran, dass Der junge Lord (die Aufzeichnung der Uraufführung der Oper von Hans Werner Henze 1965) bereits von Unitel herausgegeben worden war. Leider ist diese DVD derzeit nur noch in einer amerikanischen Pressung lieferbar.  

Don Giovanni, die Eröffnungsvorstellung, war eine der ersten Direktübertragungen einer Oper im deutschen Fernsehen, darüber haben wir letztes Jahr schon einmal gesprochen, als wir uns mit der Geschichte der Fernsehaufzeichnungen befasst haben. Mit Fidelio wurde die Arbeit von Gustav Rudolf Sellner, dem ersten Intendanten der Deutschen Oper Berlin, dokumentiert. Otello ist ein Kuriosum: Im frisch ummauerten West-Berlin war man immer auf der Suche nach internationalem Flair. Das brachte die gefeierte Sopranistin Renata Tebaldi im September 1961 mit einem Konzert in der inzwischen verschwundenen Deutschlandhalle in die Stadt. Dabei versprach sie ihren Fans, wiederzukommen und im neugebauten Opernhaus aufzutreten. Ein Vertrag wurde gemacht, ehe überhaupt klar war, was für eine Partie sie singen sollte. Die Diva wünschte Desdemona, was der Theaterleitung auch sehr passte, denn für die Partie war sie ja weltberühmt. Es gab nur eine klitzekleine Schwierigkeit damit, denn Otello war noch nicht ins Repertoire des neuen Opernhauses gekommen; die Dekorationen von Ita Maximowna zur Inszenierung von Carl Ebert, herausgekommen im Mai 1955 im Theater des Westens, waren bereits verschrottet und eine Neuinszenierung durch den Hausherrn ließ noch auf sich warten. Der Ausstattungsleiter Wilhelm Reinking sprang in die Bresche und fügte vorhandenen Dekorationen schnell ein paar wichtige Elemente hinzu, die aus Hamlet (beispielsweise) Otello machen konnten; einen geflügelten Löwen etwa, der im ersten Akt das venezianisch beherrschte Zypern repräsentierte, oder das Himmelbett, in dem Desdemona am Ende erwürgt werden sollte. Der Spielleiter des Hauses Hans Peter Lehmann, der spätere Wagner-Spezialist und langjährige Intedant von Hannover, erhielt die Gelegenheit, erstmals eigenverantwortlich eine Inszenierung auf die Bühne zu bringen. Die Solisten, Ensemblemitglieder mit einer weiteren Ausnahme, lernten fleißig den italienischen Text, was für Berlin damals neu war, aber Hans Beirer, der schon oft auch in Italien gesungen hatte, bestand darauf, dass man der berühmten Sopranistin auf der Bühne nicht in einer ihr fremden Sprache antworten sollte. Für den Chor allerdings reichte die Zeit nicht für eine Umstudierung. Daher ist die vom Fernsehen festgehaltene Aufführung nun zweisprachig. Nehmen wir es für ein Zeichen der Diversität.

1965 kam Lorin Maazel als Generalmusikdirektor an die Deutsche Oper Berlin. Sein wichtigstes Projekt war zweifellos Der Ring des Nibelungen, inszeniert von Gustav Rudolf Sellner in den Bühnenbildern des Bildhauers Fritz Wotruba. Davon gibt es leider keine Aufzeichnung, dafür von einer heute nur noch selten gespielten Oper von Domenico Cimarosa, einem Zeitgenossen Mozarts, Die heimliche Ehe. Ein wahres Juwel, ein musikalisch präzise ablaufendes Spielwerk erster Klasse. Eine weitere DVD gilt noch einmal Verdi, Don Carlos in der Inszenierung von Gustav Rudolf Sellner, in deutscher Sprache und mit deutlicher Neigung zu Schiller, auch da, wo Verdi davon abwicht.

Bitte melden Sie sich an beim Kurs, ich freue mich auf Sie am kommenden Mittwoch.

Herzlich grüßt Curt A. Roesler

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