Dienstag, 10. November 2020

Lady Macbeth von Mzensk bei YouTube

In den Herbstferien hatte ich schon einmal einen Überblick über Russische Filmopern gegeben. Das wollen wir jetzt auch im Kurs vertiefen. Als wir am Anfang des Trimesters mit Film- und Fernsehopern allgemein begonnen haben, waren die russischen nur ein kleiner Ausschnitt. Da war ich noch gar nicht auf Katerina Ismailowa von 1966 gestoßen. Diesen YouTubeLink habe ich erst kurz vor Ende der Herbstferien entdeckt. Wir kennen die Oper besser unter dem Titel Lady Macbeth von Mzensk. Katerina Ismailowa ist die Neufassung der Oper von Schostakowitsch, die er 1958–1962 erstellte, damit die Oper überhaupt wieder asufgeführt werden durfte. Stalins Verbot von 1934 war nämlich faktisch in der Sowjetuniuon noch immer in Kraft. Natürlich war das kein »Verbot«, sondern Schostakowitsch hatte, um sein Leben zu retten, die Oper »zurückgezogen«. Als er sie nun unter dem Titel Katerina Ismailowa neu herausbrachte, musste er es natürlich so darstellen, als ob nun alles Kritisierte eliminiert worden wäre, was heißen würde, dass ihm sozusagen die Zähne gezogen worden wären. Als dann Rostropowitsch Ende der 70er Jahre das Manuskript der Urfassung in den Westen schmuggelte, schien sich das in den ersten Aufführungen der Lady Macbeth von Mzensk (etwa in Düsseldorf) zu bewahrheiten. Doch es lohnt sich die Fassungen genauer zu vergleichen. Zunächst einmal hat Schostakowitsch das Werk gekürzt, bei über drei Stunden Musik ist das sehr nachvollziehbar. Dass dabei auch die »Beischlafmusik« entfiel, konnte sofort als »sowjetisch-kleinbürgerliche Prüderie« identifiziert werden. Allerdings ist diese Musik mehr eine Filmmusik als eine Opernmusik. Dennoch: sie fehlt und allein deswegen wird heute die Entscheidung in der Regel für die Urfassung fallen. Allerdings heißt das dann meist, dass woanders gekürzt werden muss, wenn man nicht in Kauf nehmen muss, dass die Oper so lange dauert wie Lohengrin. An der Deutschen Oper Berlin z. B. verzichtete Günter Krämer bei seiner Inszenierung 1988 auf ein komplettes Bild, das Hochzeitsbild im 3. Akt. Schostakowitsch hatte dafür auf das Bild davor verzichtet, das auf der Polizeistation spielt und zur Handlung nicht sehr viel beiträgt. Das Orchester in der zweiten Fassung ist kleiner, was wohl auch dazu beitragen sollte, dass die Oper auch an kleineren Opernhäusern gespielt werden kann. Zu der Erzählung, weshalb man unbedingt die Urfassung spielen müsse gehört auch, dass diese Fassung viel härter sei (warum das ein Vorteil ist, könnte auch noch diskutiert werden). Der akustische Vergleich hält dem aber nicht unbedingt Stand. Gerade die schiere Größe des Orchesters in der ersten Fassung trägt zu mehr Wohlklang bei selbst an den Stellen, wo Dissonanzen später geglättet wurden. Vergleicht man etwa die Schallplattenaufnahme von 1965 unter Gennadij Prowatorow, der auch den Soundtrack für den Film dirigierte, mit der Aufnahme, die Rostropowitsch 1979 mit dem London Philharmonic Orchestra produzierte, so ist die Aufnahme der Neufassung aus Moskau sehr viel kantiger und rauer als die der Originalfassung aus dem Westen. Leider ist die Aufnahme von Prowatorow, die einst bei Melodia/eurodisc erschienen war, heute nirgendwo zugänglich. Man kann sie vielleicht noch bei ebay ersteigern. Die Rostropowitsch-Aufnahme gibt es bei Spotify & Co. Aber es gibt bei YouTube auch Übertragungen aus Opernhäusern von der Urfassung, diese aus Barcelona von 2002 mit Nina Stemme in der Titelpartie dauert 3 Std. und 7 Min., ist also auch ganz leicht gekürzt. Stark gekürzt ist der Opernfilm von Petr Weigl von 1992. Wir sprachen schon über diese Art von Filmen, bei der Schasupieler so tun als wären sie Sänger. Der Soundtrack ist hier nicht einmal extra dafür hergestellt worden, der Film verwendet die Aufnahme von Rostropowitsch, d. h. etwa die Hälfte davon, denn ein Spielfilm soll nun einmal nicht mehr als 1 Std. 40 Min. dauern. Hier gibt es wieder englische Untertitel, an denen man sich orientieren kann. Mit Niederländischen Untertiteln gibt es eine sehr interessante Übertragung aus Amsterdam, die von Mariss Jansons dirigiert wird. Allerdings habe ich nur den ersten Teil gefunden. Eva-Maria Westbroek singt die Lady, die Inszenierung stammt von Martin Kušej. Komplett hingegen in drei Teilen gbt es eine Aufführung aus Madrid 2000, dirigiert von Rostropowitsch, eher konventionell inszeniert von Tito Egurza und Sergio Renán (Teil 1 – Ton stark übersteuert – Teil 2, Teil 3).

Bis bald,

Curt A. Roesler

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Hinweis: Nur ein Mitglied dieses Blogs kann Kommentare posten.