Freitag, 23. Oktober 2020

Russische Opern im Film 3

Zum Schluss der Herbstferien ein vorerst letzter Beitrag zu den russischen Filmopern aus den 50er und 60er Jahren. Mit den Filmen von Wera Strojewa und Grigori Roschal haben wir angefangen, Vitali Golovin als weiterer bedeutender Filmschaffender kam noch dazu. Von den großen russischen Opernkomponisten war nur Mussorgski dabei, es kamen weniger bedeutende wie Rachmaninoff und Rubinstein dazu und auch ein kaum bekannter wie Eduard Nápravník. Wo bleibt Tschaikowski und Rimsky-Korsakow? Hier kommen die entsprechenden Opernfilme. Natürlich zuerst Tschaikowski. Roman Tikhomirov drehte 1958 und 1960 Eugen Onegin und Pique-Dame. Auch er hatte als Student in St. Petersburg mit Kindertheater angefangen, Der Wolf und die sieben Geißlein inszenierte er am Konservatorium in St. Petersburg, sein Debüt als Opernregisseur hatte er 1951 in Moskau mit Mainacht von Rimsky Korsakow. Saratow und Novosibirsk waren seine nächsten Stationen. Obwohl er an Opernhäusern mit Sängern zusammengearbeitet hatte (oder vielleicht gerade deswegen?) entschied sich Tihkomirov vollständig für das Verfahren, die Sänger im Film mit Schauspielern zu doublen. Dass die Lippensynchronität in den YouTube-Filmen oft nicht gegeben ist, mag jedoch ihre Gründe technisch in der Umwandlung ins digitale Format haben. Beide Opern sind wie üblich oder sogar stärker als üblich gekürzt, Pique-Dame kommt mit einer Stunde und 41 Minuten aus. 1969 drehte Tikhomirov noch einmal einen Opernfilm, Fürst Igor von Alexander Borodin, ein Monumentalfilm mit beeindruckenden Außenaufnahmen. Darin experimentiert er auch damit, den Gesang nur innerlich ablaufen zu lassen, also die Schauspieler an bestimmten Stellen keine Lippenbewegungen machen zu lassen.

Tschaikowskis letzte Oper Iolanta bringt uns zu einem weiteren russischen Regisseur von Filmopern, Vladimir Gorikker, 1925 geboren und nach meiner Kenntnis noch am Leben in Moskau. Dort ist er geboren, mit den Eltern zog er später nach Kiew. Auch er hat erst eine Musikerkarriere angestrebt und wurde Opernregisseur in Odessa und Kiew, dann aber nahm er 1956 noch einmal ein Studium auf an der Moskauer Filmakademie. Seine Abschlussarbeit Beethovens Sonate wurde im sowjetischen Fernsehen gezeigt. Nach einem Film über Verdi 1961 drehte er bis 1967 vier Opernfilme, die es sich auzusehen lohnt. Er begann 1962 mit Mozart und Salieri von Rimsky-Korsakow (diese Oper wurde auch von der Staatsoper im Schiller-Theater gespielt, wir sprachen damals darüber), ein Jahr später kam die erwähnte Iolanta, 1965 Die Zarenbraut von Rimsky-Korsakow (auch über diese Oper sprachen wir) und zum Schluss nahm er sich eine frühe russische Oper vor, Der steinerne Gast – eine Don-Juan-Tragödie – von Alexander Dargomyshski, mit der wir wieder einmal bei Puschkin, der unendlichen Quelle für die russische Oper, angekommen sind.

1966 ist noch ein wichtiger Opernfilm zu verzeichnen in der Sowjetunion: Katerina Ismailova, die gegenüber der Version für dien Theater nch einmal gekürzte Neufassung der Lady Macbeth von Mzensk von Dmitri Schostakowitsch, inszeniert von Mikhail Shapiro.

Bald geht es weiter mit dem Opernkurs, am nächsten Mittwoch nehmen wir uns Die Großherzogin von Gerolstein vor.

Bleiben Sie alle gesund, Curt A. Roesler

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