Montag, 19. Oktober 2020

Russische Opern im Film 2

Der Überblick über die Russischen Opernfilme der 50er und 60er Jahre begann mit den beiden Mussorgski-Filmen von Wera Strojewa (englische Schreibweise: Vera Stroyeva). Sie hatte 1928 als Drehbuchautorin zum Film gefunden. Da unterstützte sie Serafima Roschal beim Schreiben einer Geschichte über das Moskauer Künstlertheater und dessen Mitglied Hirsch Lekert für den Regisseur Grigori Roschal, deren Bruder, den Strojewa heiratete. Auch Grigori Roschal drehte einen Opernfilm. Aleko ist die erste von vier Opern, die Sergei Rachmaninow schrieb, noch als Student, eine Kurzoper, die im Westen nie heimisch wurde. Grundlage ist – wie so oft in er russischen Operngeschichte – Alexander Puschkin. Der Titel des Gedichts, das der Oper zugrunde liegt, erklärt schon, warum die Oper wohl heute kaum aufgeführt wird, Tsygany. Dabei wäre die tragische Handlung geeignet, Vorurteile zu hinterfragen und die Lebensgemeischaft der »Zigeuner« als die weit humanere als die der Städter darzustellen. Aleko, der Stadtflüchtling, begeht einen Ehrenmord. Er tötet seine Frau und ihren Liebhaber, als er die beiden in flagranti erwischt. Die Zigeuner jagen ihn davon, denn sie wollen keinen Mörder unter sich haben und Rache ist ihnen fremd. Grigori Roschal drehte den Farbfilm, in dem Naturaufnahmen und bunte Kostüme natürlich eine große Rolle spielen, 1953. Hier ist er zu sehen.

Dubrowski ist der dritte, unvollendete Roman von Alexander Puschkin. Als »russischer Robin Hood« ist die Titelfigur gelegentlich bezeichnet worden. Kein Wunder, dass er sowohl als Film- wie als Opernfigur Karriere machte. Ein russischer Film ist 1935/36 unter dem originalen Titel gedreht worden, William Dieterle drehte seine Version 1959 mit Paul Dahlke in Serbien unter dem Titel Il vendicatore, der deutsche Verleihtitel war Der Rebell von Samara; in Frankreich hieß der Film L'Aigle noir und nur in den USA schlicht Dubrowsky.  Beide Filme sind bei YouTube leicht zu finden. Hier geht es aber um die Opernversion. Der Komponist ist hierzulande nicht sehr bekannt. Eduard Nápravník, ein russischer Dirigent tschechischer Herkunft beherrschte jahrzehntelang das Musikleben in St. Petersburg, so dirigierte er nicht nur die Uraufführung von Boris Godunow und Pique Dame, sondern auch mehrere Opernpremieren von Rimsky-Korsakow. Er komponierte insgesamt vier Opern, von denen Dubrovsky die einzige ist, aus der wenigstens eine Arie in die Repertoires der russischen und dem Russischen zugeneigten Tenöre (wie etwa Nicolai Gedda) gelangt ist. Sie wurde 1895 in St. Petersburg uraufgeführt, das Libretto stammte von Tschaikowskys Bruder Modest, der auch schon fünf Jahre früher Pique Dame geschrieben hatte. Die Titelrolle wurde von dem gleichen Sänger interpretiert, der schon den Hermann gesungen hatte, Nikolai Figner. Die Oper wurde sogleich in allen großen russischen Opernhäusern gespielt und 1897 kam sie sogar nach Leipzig. 1961 drehte Vitali Golovin für das russische Fernsehen in s/w eine leicht gekürzte Fassung, die hier zu sehen ist. Der Soundtracck mit Sergei Lemeshev in der Titelpartie (dazu muss man sagen, dass es eigentlich zwei Titelpartien gibt, denn der alte Dubrovsky kommt auch vor und wird von einem Bass gesungen) ist auch auf CD veröffentlicht worden, derzeit aber offenbar nicht lieferbar. Dafür gibt es eine Gesamtaufnahme mit Ivan Kozlovsky, die sieben Jahre früher entsanden ist, bei jpc sogar besonders günstig. Inzwischen ist Dubrovsky auch in Russland fast vergessen, zum 100. Todestag 2016 immerhin gab es am Mariinsky Theater eine konzertante Aufführung.

Ein Jahr vor Dubrovsky hatte Vitali Golovin schon einen Opernfilm für das russische Fernsehen gedreht, Der Dämon von Anton Rubinstein. Die internationale Filmdatenbank IMDb nennt Irina Arkhipova als Interpretin der Prinzessin Tamara, was der YouTuber, der den Film hochgeladen hat, bezweifelt. Der Tenor jedenfalls ist der gleiche wie in Dubrovsky, Sergei Lemeshev; die Titelpartie, in der Schaljapin einst brillierte, wird von Georg Ots gesungen.

Bis bald, Curt A. Roesler

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