Die Walküre ist das Hauptthema unsere morgigen Sitzung. Da kann man sich ein wenig einhören und einsehen auf YouTube, aber das Angebot ist unübersichtlich. Hier daher ein Versuch, Ordnung hineinzubringen. Ich hinterlege dazu die entsprechenden Links. Es tut sich dann jeweils ein neues Fenster bzw. ein neuer Tab auf, den man wieder schließen kann, um zu diesem Blog zurückzukehren. Ich fange mit den Videos an, dann kommen die reinen Tondokumente.
Beginnen wollen wir natürlich mit der seinerzeit »Jahrhundert-Ring« genannten Bayreuther Produktion von Patrice Chéreau und Pierre Boulez. Die ist nicht so einfach zu finden, der 1. und 2. Akt stammt offenbar aus einer russischen Quelle, nur den 3. Akt findet man auf Anhieb. – Eine der interessantesten Produktionen des Rings in den letzten Jahren war der aus Valencia. Carlus Padrissa (vom Kollektiv »La Fura dels Baus«) inszenierte und Zubin Mehta dirigierte, Peter Seiffert und Petra-Maria Schnitzer snagen Siegmund und Sieglinde, Jennifer Wilson die Brünnhilde, Matti Salminen den Hunding und Juha Uusitalo den Wotan. Ein großer Bildschirm wäre natürlich ganz gut, um die beeindruckende großflächige Bühnentechnik auch wirklich zu erfassen. Der 3. Akt in der Walküre beginnt bei 2 Std. 45 Min. – Kasper Holten, der an der Deutschen Oper Berlin den Lohengrin inszenierte, hat 2013 in seinem damaligen Stammhaus, der Königlichen Oper Kopenhagen, den Ring inszeniert, Die Walküre ist auf YouTube zweigeteilt zu finden, der 1. und 2. Akt hier, der 3. Akt hier. Die schwarzen Flügel der Walküren erinnern einen gleich an die Schwanenflügel Lohengrins. – Eine andere aktuelle Inszenierung kam aus der Wiener Staatsoper von Sven-Erik Bechtolf. – Wer auf der Suche nac einer Produktion mit Stars ist, findet Placido Domingo und Waltraud Meier an der Mailänder Scala unter der Leitung von Riccardo Muti hier, ist aber nicht wirklich zu empfehlen. Ebensowenig hier der missglückte Versuch, Karajans legendäre Salzburger Oster-Inszenierung von 1967 wiederaufleben zu lassen.
Unendlich ist die Auswahl an reinen Tondokumenten. Die Qualität der Digitalisierungen von alten Schallplatten- und Rundfunkaufnahmen ist allerdings sehr unterschiedlich. Eine meiner Lieblingsaufnahmen des 1. Aktes ist die voin Bruno Walter mit den Wiener Philharmonikern von 1935 (habe ich bestimmt schon öfter erwähnt). Die ist mehrfach zu finden, die beste Digitalisierung schein mir von dieser japanischen Pressung zu stammen. Da ist das Rauschen zwar deutlich und der Platen- und Seitenwechsel ist jedesmal mit einer Unterbrechung verbunden, aber die Dekompression lässt viel Obertöne durch und das Klangbild ist insgesamt heller als bei allen anderen. – Als eine Art Referenz-Aufnahme war der Ring von Solti geplant, den er für DECCA in den 60-er Jahren aufnahm. Auch den gibt es mehrfach. Jemand hat sich die Mühe gemacht, ihn zusammen mit der Partitur ablaufen zu lassen. Wer also gern die Noten mitlesen möchte, kann das hier tun. Die Aufnahme stammt aus einer Phase von Soltis Schaffen, wo er sich vor allem um Deutlichkeit bemühte. Anders gesagt, die Tempi sind recht langsam – nicht langweilig! Solti hatte das Projekt bereits 1959 angefangen, aber schnell wieder leigen gelassen. Auf YouTube sind auch die Rudimente davon zu finden, der 3. Akt und die Todverkündigungsszene. Der Walkürenritt ist deutlich schneller als zehn Jahre später. Und die Todverkündigung ist mit einer anderen Sängergeneration: es singen Kirsten Flagstad und Set Swanholm, in der Ring-Gesamtaufnahme sind es dann Birgit Nilsson und James King. Georg Solti hat 1959 bis 1965 den Ring in Bayreuth dirigiert, 1965 dann auch in London und 1983 wieder in Bayreuth. Die Londoner Aufnahme und die Bayreuther Aufnahme von 1983 sind auch bei Youtube zu finden. In beiden ist er beim Walkürenritt näher am Tempo von 1959. Überhaupt lassen sich auf Youtube ein paar Interpretationsvergleiche machen, die an die Bayreuther Statistik anschließen, die Hartmut Haenchen in dem Artikel zitiert, den ich im letzten Beitrag verlinkt habe. Karl Elmendorff, der 1930 mit 3 Std. 38 Min. einer der »schnelleren« in der Statistik ist hat 1944 den ersten Akt der Walküre in Dresden aufgenommen. Der Sturm am Anfang ist deutlich schneller als in der Studio-Aufnahme von Solti, aber nicht ganz so »stürmisch« wie bei Bruno Walter. Auch von Heinz Tietjen, dessen Walküre in Bayreuth 1934 3Std. 47 Min. dauerte, ist vertreten mit dem Sturm und der Ersten Szene, aufgenommen 1941 mit Franz Völker und Maria Müller. Obwohl die Dauer bei ihm schon über dem Durchschnitt liegt, ist der Sturm aber nicht schneller, als bei Elmendorff. Sind wir also gespannt auf Furtwängler, der 1936 3 Std. 38 Min. brauchte, 1953 aber 3 Std. 55 Min. Von ihm gibt es mehrere Aufnahmen. Der Studio-Aufnahme von 1954 mit den Wiener Philharmonikern steht die Live-Aufnahme aus Der Mailänder Scala 1950 gegenüber, die hier (1. Akt, 2. Akt, 3. Akt) am besten digitalisiert ist. Wie bei Solti hat die Bühnenaufnahme beim Sturm und beim Walkürenritt ein signifkant schnelleres Tempo. Es liegt möglicherweise daran, dass eine Bühnenaufführung eben nach mehr »Dramatik«, oder wie immer Sie es nennen wollen, verlangt. Karajan 1951, »Neu-Bayreuth« 2 Std. 36. Min. Hier findet man den 3. Akt. Der Walkürenritt ist, sagen wir mal, schmissig. Im gleichen Jahr 1951 dirigierte auch einer, der zu denen gehört, die sich sehr viel Zeit lassen, Hans Knappertsbusch. Von ihm gibt es einen Mitschnitt von 1956. Wirklich etwas ganz Anderes, eine andere Musik, ist man fast versucht, zu sagen. Als ich 1994 die Übertragung aus Bayreuth im Rundfunk hörte, glaubte ich, an einem Wettbewerb teilzunehmen, bei dem es darum ging, noch lansgamer dirigieren zu können als alle anderen. Von 1994 finde ich nichts bei YouTube, aber von 1996 gibt es hier den Sturm, das Vorspiel zum 1. Akt und hier den Walkürenritt. Das sind aber nicht die Stellen, an denen James Levine sich besonders von den anderen Dirigenten abhob. Laut Statistikm aus Bayreuth dauerte der ganze Ring unter Levine 15 Std. 36 Min. und damit ganz 2 Std. 19 Min. länger als die kürzeste dokumentierte Interpretation, die von Otmar Suitner von 1966. Leider gibt es von Suitner ausgerechnet die Walküre nicht bei YouTube (oder ich habe sie nicht gefunden), Das Rheingold und Siegfried gibt es aber. Und wahrscheinlich sprechen wir ja bald auch über Siegfried. Dann kommt er dran. Jetzt unterbreche ich den Diskurs erst einmal und freue mich auf morgen.
Curt A. Roesler
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