Dienstag, 26. Mai 2020

Beethoven und der Wiener Kongress (Schaffensperioden)

Bei vielen Komponisten teilen die Biografen die Werke in eine frühe, eine mittlere und eine späte Periode ein. Oft sind sie sich allerdings über die Einteilung uneins. Und jedenfalls unterliegt die Einteilung auch Veränderungen im Laufe der Zeit. eingutes Beispiel ist da Verdi, bei dem lange als Frühwerk galt, was wir heute eher als mittlere Periode ansehen, die drei bekanntesten Opern, Rigoletto, La Traviata und Il trovatore. Das lag einfach daran, dass man lange Zeit von den wirklich frühen Werke einzig Nabucco kannte, nicht aber Macbeth oder Luisa Miller. Und ob bereits die 1870, also mit 57 geschriebene Aida bereits ein Spätwerk ist oder nicht, wird nach wie vor unterschiedlich beurteilt.
Über den Wiener Kongress hatten wir schon im Zusammenhang mit der Französischen Revolution gesprochen; über die Werke, die Beethoven den Teilnehmern des Wiener Kongresse präsentiert hat und über die Werke, die er zu diesem Anlass komponiert hat. An diesem Mittwoch geht es um die Perioden seines Schaffens, die auch von äußerlichen Ereignissen wie dem Wiener Kongress beeinflusst waren. Auch bei Beethoven werden die Perioden von verschiedenen Autoren unterschiedlich eingeteilt, es gibt aber zwei Ereignisse, die so oder so in die Betrachtungen einfließen: 1. die Erkenntnis, dass der durch eine Typhus-Erkrankung erworbene Gehörverlust irreversibel sein wird; 2. der Wiener Kongress. Das 1802 geschriebene »Heiligenstädter Testament« – ein Brief Beethoven ins an seine Brüder, den er nie abgeschickt hat – zeugt vom ersten Umbruch, die weitgehende Schaffenspause von 1815 bis 1818 vom zweiten. So gesehen haben wir es auch bei Beethoven mit einem Frühwerk, einem mittleren Werk und einem Spätwerk zu tun. Bald nach der Zeit des Heiligenstädter Testaments soll Beethoven außerdem gesagt haben, dass er mit seinem bisherigen Werk unzufrieden sei und einen neuen Weg einschlagen wolle.
Bei den Streichquartetten ist es einfach. Die frühen Quartette (6 Quartette op. 18) wurden bis 1801 vollendet, die mittleren entstanden von 1804 bis 1810, die späten erst in den letzten beiden Lebensjahren. Bei den Sinfonien und Sonaten ist es komplizierter. Wir haben schon von dem heute in Bezug auf Beethoven kaum noch verwendeten Begriff der Romantik gesprochen. Die fünfte Sinfonie scheint da am Anfang zu stehen, die Beethoven übrigens noch vor der vierten in Angriff nahm. Aber ist nicht schon die dritte Ausdruck eines neuen Weges verglichen mit den ersten beiden? Ist die dritte Sinfonie, mit der wir uns auch noch einmal befassen wollen, Abschluss der ersten Periode oder Beginn der zweiten? Bei der neunten ist die Sache dann eindeutig, seit 1812 hatte Beethoven keine Sinfonie mehr geschrieben, 1817 fing er mit Skizzen zur neunten an, die er erst 1824 vollendete.
Die Klaviersonaten werden ebenfalls gern in Perioden eingeteilt. Die haben allerdings wenig mit dem zu tun, was wir bisher beschrieben haben, sie orientiert sich an den Opuszahlen, also der Reihenfolge der Veröffentlichung. Da gehören dann die beiden schon 1796/97 geschriebenen zweisätzigen Sonaten op. 49 in die zweite Periode, die op. 26 bis op. 57 umfasst, veröffentlicht zwischen 1800 und 1805. Die letzte Periode scheint dann ungewöhnlich lang, 1809 bis 1822 und beginnt mit der Sonate op. 78, die nach einer Pause von vier Jahren seit der »Appassionata« eine neue Richtung einschlägt – schon durch ihre ungewöhnliche Tonart Fis-Dur. Aber noch größer ist eigentlich der Sprung zur »Hammerklaviersonate« 1818, über die wir schon gesprochen haben.

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