Johann Nepomuk Mälzel (1772–1836) stammte aus einer bayerischen Orgelbauerfamilie und kam im gleichen Jahr wie Beethoven – 1792 – nach Wien; und aus dem gleichen Grund: um zu studieren. Er hatte schon mehr als Kirchenorgeln im Sinn, als er das Studium der Mechanik anfing. Unter anderem hörte er beim berühmten Abbé Vogler Vorlesungen, dem berühmten Komponisten und Lehrer, der sich auch für mechanische Musikinstrumente interessierte und 1796 eine transportable Orgel anfertigen ließ, die er »Orchestrion« nannte und in Stockholm und anderen Städten vorstellte. In Wien installierte Mälzel eine Werkstatt für Automaten. Der berühmteste Automat, mit dem er auch in New York Furore machte, war ein Schachautomat. Das erste »Panharmonikon« genannte mechanische Musikinstrument, für das später Beethoven die erste Fassung von Wellington's Sieg schrieb, baute Mälzel um 1805, jedenfalls verkaufte er ein solches 1807 in Paris für 100.000 Francs; eines schickte er 1811 nach Boston und als er sich 1826 in New York installierte, führte er dort neben dem Schachautomaten auch eines vor. Das Besondere des in erneuerter Form auch »mechanischer Trompeter« genannten Instruments war, dass es nicht nur eine ganze Blaskapelle abbilden konnte, sondern dass es von einem Federwerk angetrieben wurde.
Ab 1812 baute Mälzel mehrere Hörrohre für Beethoven, dessen Ohren immer schlechter wurden (vollkommen taub war er wohl allerdings nie). Möglicherweise verfasste Beethoven deswegen das erwähnte Musikwerk für dessen »mechanischen Trompeter«. Es wurde mit so großem Erfolg vorgeführt, dass Beethoven es zum Orchesterwerk ausbaute und zusammen mit der 7. Sinfonie zur Aufführung brachte. Mälzel war der Meinung, das Werk gehöre ihm und war nicht begeistert, später haben sich die beiden aber gütlich geeinigt.
1815 stellte Mälzel sein Metronom vor, das auf verschiedenen eigenen und fremden Erfindungen aufbaute, und ließ es patentieren. Ganz entscheidend war hierbei nicht nur das Feder-Uhrwerk, sondern auch das von dem deutsch holländischen Uhrmacher Dietrich Nikolaus Winkel (1777–1826) erfundene Stabpendel. Später gewann Winkel sogar einen Patentstreit gegen Mälzel, dessen Verdienst es aber ist, Markierungen mit Hinweisen wie »Allegro« »Andante« etc. angebracht zu haben, und das Metronom in großen Stückzahlen in Fabriken in Paris und London hergestellt zu haben. Damit verbreitete sich diese Art, eine Tempo für Musikstücke festzulegen, innert kürzester Zeit. Im Januar und Februar 1818 erschien in der Wiener Allgemeinen Musikalischen Zeitung unter dem Titel »Rückblicke auf die Chronometer und Herrn Mälzel neueste eine Artikelserie über das Metronom und seine Vorgänger, der wir den Großteil der Erkenntnisse über frühere Bemühungen, das Tempo exakt festzulegen, verdanken.
Für viele Komponisten verstand es sich von nun an von selbst, genaue Tempoangaben in From von »M. M. ¼ = 108« oder ähnlich zu machen. Doch bald stellte sich heraus, dass auch diese Methode, die natürlich genauer ist, als »Allegro« oder »Adagio« zu schreiben, ihre Unzulänglichkeiten hat. Schließlich hängt das »richtige Tempo« von vielen verschiedenen Faktoren ab. Die Größe und die akustischen Eigenschaften des Saals, insbesondere die Nachhallzeit, haben einen Einfluss darauf, in welchem Tempo eine Musik natürlich und verständlich klingt. Komponisten wie Brahms, Schumann oder Wagner verzichteten später wieder auf Metronomangaben. Viele in gedruckten Noten erscheinende Angaben sind indes gar nicht vom Komponisten, sondern vom Herausgeber, der ein Interesse daran hatte, dass seine Ausgabe zu möglichst korrekten Aufführungen führt.
Beethoven hat nur eine Teil seiner Werke mit Metronomzahlen ausgestattet. Und darum ist mächtig Streit entstanden. Insbesondere bei den Klaviersonaten scheiden sich die Geister. Verschiedene Theorien wurden ausgebracht, von einem falsch funktionierenden Metronom in Beethovens Besitz bis zu der Annahme, er habe eigentlich Achtel gemeint, wenn er Viertel geschrieben habe. Anhand verschiedener Interpretationen der Sonate Nr. 29, über die auch besonders viel geschrieben worden ist, können wir uns dieser Thematik am Mittwoch nähern.
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