Montag, 30. September 2019

The Bassarids – Opera sera

Die Verbindung sinfonischer Kompositionsweise mit dem Drama bringt man in erster Linie mit Richard Wagner in Zusammenhang. Parallelen zwischen Sinfonik und Oper finden sich aber auch bei vielen Komponisten, die ästhetisch ganz anders geprägt und als Wagner. Nicht zuletzt finden sich schon in der Barockoper mit Arien oder Chören, die Tanzformen adaptieren wie etwa die Passacaglia Verbindungen instrumentaler und vokaler Traditionen, die zusammen zu etwas Neuem führen. Grundsätzlich bleibt aber der Gegensatz zwischen der Arbeit am musikalischen Motiv und der erzählenden Darstellung durch musikalisch gestaltete Sprache. Hans Werner Henze hat in diesem Sinn den musikalischen Aufbau der Oper The Bassarids als viersätzige Sinfonie bewusst dem episch-lyrischen Text von Wüsten Hugh Auden und Chester Kallman entgegengesetzt. Wie bei Alban Bergs Wozzeck muss der Hörer die musikalische Form nicht kennen, um dem unmittelbaren Theatererlebnis folgen können – aber es hilft beim Verständnis, umso mehr als in The Bassarids im Gegensatz zum Wozzeck Gesang und Tanz auch zentral und nicht nur in einzelnen Genre-Szenen verhandelt werden.
»Opera seria« haben die Librettisten ihr Werk genannt und sich damit in die Tradition von Metastasio gestellt. Dennoch habe sie keine »Nummernoper« in drei Akten geschrieben, sondern ein einaktiges Werk mit einem Zwischenspiel, das Ort- und Zeitebenen übereinander schichtet und manchmal auch aufhebt bzw. in der Gegenüberstellung von Vorher und Nachher zerfließen lässt. Bei Henze mündet das in eine viersätzige Sinfonie, deren Adagio durch das Zwischenspiel in zwei Teile geteilt wird. Das Zwischenspiel entfällt in der Neufassung von 1992, die neben einer etwas schlankeren Instrumentation auch die Möglichkeit enthält, das Werk mit Pause als Zweiakter aufzuführen. Dass die sinfonische Form nicht als aufführungspraktischer Hinweis taugt, manifestiert sich darin, dass auch in der vorgeschlagenen Darbietung als Zweiakter das Adagio – der dritte Satz – geteilt wird. Anstatt durch ein Intermezzo, durch die Pause.
Wir begegnen in den Bassariden drei Generationen des Thebanergeschlechts. Der Gründer Thebens, der Drachentöter Kadmos hat am Beginn der Handlung die Regierung an seinen Enkel Pentheus, den Sohn seiner Tochter Agaue abgegeben. Pentheus tritt seine Regierung als Asket an und verlangt auch von seinen Untertanen eine asketische Lebensweise. Insbesondere bekämpft er jede Erinnerung an seinen Cousin Dionysos, Sohn seiner verstorbenen Tante Semele. Der bereitet seine Rückkehr als Gott vor und lockt das Volk mit seinen Gesängen. Agaue ist beeindruckt von der Standhaftigkeit ihres Sohnes, lässt sich aber trotz der Warnungen der Alten (Kadmos, der blinde Seher Tiresias, die Amme Autonoë) von den dionysischen Gesängen und Tänzen fortreißen. Pentheus lässt alle auf dem Berg Kytheron Tanzenden festnehmen. Unter ihnen ist ein geheimnisvoller Fremder. Nur Beroë erkennt in ihm Dionysos. Pentheus lässt alle Fremden foltern. Mit einem Erdbeben befreit sich Dionysos, der von Pentheus noch immer nicht erkannt wird, sondern als »Anhänger des Dionysos« gilt. Als solcher macht er ihm den Vorschlag, als Frau verkleidet das Treiben auf dem Berg Kytheron zu beobachten. Dort versteckt er sich in einem Baum, doch er fliegt auf und wird von den Mänaden (den orgiastisch feiernden Anhängern des Dionysos) gejagt und in Stücke zerrissen. Agaue glaubt, den Kopf eines Löwen in den Händen zu haben, aber es ist der ihres Sohnes, was ihr nur allmählich dämmert. Dionysos lässt den Königspalast niederbrennen und schickt alle Mitglieder der Königsfamilie in die Verbannung. Auf Semele Grabmal wachsen Reben. Das Volk huldigt den neuen Göttern Dionysos und Thyone.

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