Mittwoch, 27. März 2019

Alexander der Große

Den Indienfeldzug des Makedonierkönigs Alexander, genannt »der Große« im Jahr 327/326 v. Chr. ist in beliebtes Opernmotiv im Barock. Georg Friedrich Händel hatte mit seiner Operngesellschaft bereits 1726 einen bedeutenden Erfolg gehabt mit Alessandro auf ein Libretto von Paolo Antonio Rolli. Garant des Erfolges war der berühmte Kastrat Senesisno, der die Titelrolle verkörperte, aber wesentlich zur Sensation hatte auch beigetragen, dass Händel zwei Primadonnen gleichzeitig auf die Bühne brachte. Francesca Cuzzoni, die seit 1722 in London wirkte und u. a. Cleopatra in Händels Giulio Cesare in Egitto gesungen hatte, und die für London neu entdeckte Faustina Bordoni, die später Johann Adolf Hasse heiraten sollte. Das Libretto und die Musik waren exakt auf diesen Event abgestimmt. Jede hatte gleich viele Arien zu singen, jede hatte die gleiche Anzahl an Duetten mit Senesino. Bei Händel ging das alles noch gut, die private Fehde der beiden münzte sich in künstlerische Kraft um. Ein gutes Jahr später kam es dann zu dem berühmt-berüchtigten Primadonnenstreit auf offener Bühne in einer Oper von Bononcini.
Im Winter 1729/30 fuhr Händel wieder einmal nach Italien, um Sänger für seine künftigen Unternehmungen zu entdecken. Möglicherweise lernte er da das Libretto Alessandro nell'Indie von Pietro Metastasio kennen. Metastasio, dessen 28 »dramme« und 35 »serenate« als der Gipfelpunkt er barocken Librettokunst gelten, hatte das Libretto schon um 1725 für Leonardo Vinci (der Komponist, Zeitgenosse Händels ist nicht zu verwechseln mit dem Maler und Erfinder Leonardo da Vinci) konzipiert, die Uraufführung erfolgte am 2. Januar 1730 in Rom. Wie fast alle Libretti von Metastasio ist auch Alessandro nell'Indie mehrfach vertont worden, bis 1824 sind es 72 Werke, die darauf zurückgehen. Didone abbandonata ist über 90 Mal vertont worden (wir sprachen davon, als die Vertonung von Michael Hirsch in der Tischlerei der Deutschen Oper Berlin aufgeführt wurde), die meisten anderen um die 50 Mal.
Wir kennen das Libretto bzw. Bearbeitungen davon heute unter verschiedenen Titeln. Der Originaltitel etwa wurde von Johann Christian Bach verwendet, sein Alessandro nell'Indie (1762) ist in den letzten Jahren wieder öfter aufgeführt worden. Und neben Poro, Re dell'Indie (1731) von Händel, eine der ersten Vertonungen nach Leonardo Vinci, ist auch Cleofide (1731), die fünfte Vertonung des Librettos, ein Dreiviertel Jahr nach Händel ko poniert von Johann Adolf Hasse in der letzten Zeit wieder aufgeführt worden.
Der Titel macht den Unterschied. Bei Händel und Hasse ist nicht die Milde des makedonischen Königs der Anlass der Komposition, sondern die (erfundene) Liebe zwischen dem indischen König Porus (Regierungszeit zw. 326 und 315 v. Chr.) und der Königin eines anderen indischen (zwischen dem heutigen Pakistan und Afghanistan liegenden) Reiches, Cleophis. Händel interessierte vor allem das leidenschaftliche Hin und Her zwischen Eifersucht und Versöhnung – und der Kastrat Senesino, der den Poro singen sollte. Hasse interessierte die Königin, die er für seine Gattin, Faustina Bordoni (wir kennen sie aus London in Händels erster Oper über Alexander den Großen), schrieb.



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