Montag, 3. Dezember 2018

Don Quichotte

In den letzten beiden Sitzungen nehmen wir eine Premiere aus der zweiten Hälfte der Spielzeit voraus. Don Quichotte von Jules Massenet. Daher die französische Schreibweise des Ritters aus der spanischen La Mancha im Titel. Zwei Linien führen uns an den Stoff heran. Die eine ist die der französischen Oper in fünf Akten, der wir jetzt schon zwei Mal gefolgt sind, mit Les contes d'Hoffmann und Hippolyte et Aricie. Die andere ist die des ausgedachten traurigen Ritters selbst, der genau in der Zeit in die Welt kam, als auch die Oper erfunden wurde. Um 1600 ist die Geburtsstunde der Oper anzusetzen, 1605 erschien der erste Teil von El ingenioso hidalgo Don Quixote de la Mancha von Miguel de Cervantes de Saavedra. Übersetzt heißt das Der sinnreiche Junker Don Quijote (das ist die heutige spanische Orthografie) von der Mancha. Es ist die Parodie eines Ritterromans und ist als Kritik an den seit der Erfindung des Buchdrucks immer weiter verbreiteten Prosaromane zu verstehen. Da wir heute allerdings die kritisierten Vorlagen kaum noch kennen, jedenfalls viel weniger als den Don Quixote, läuft die Kritik für uns etwas ins Leere. Allerdings ist die Figur des gegen Windmühlen kämpfenden Vertreter einer ausgestorbenen Gesellschaft so stark, dass wir den Roman von Cervantes auch so genießen können. Sehr zu empfehlen, etwa hier beim Projekt Gutenberg.
Schon bevor der zweite Band 1615 erschien, war der seltsame Ritter in Paris Gegenstand eines Balletts. Ja da gab es schon Ballett am französischen Hof. Es war die Zeit der Maria de' Medici mit dem minderjährigen Thronfolger nach der Ermordung Heinrichs IV. und vor ihrer Verbannung durch Ludwig XIII.
Von da an reißt die Faszination der Musiker für den seltsamen Ritter (nicht unähnlich dem Sir John Falstaff Shakespeares) nicht ab. Eine vollständige Aufzählung der Stücke mit und ohne Gesang, die bis heute komponiert wurden, füllt mehrere Seiten. Schein und Sein, Wirklichkeit und Wahn, das ist die Domäne der Oper. Es ist kein Wunder, dass Don Quichotte bei den Opernkomponisten so beliebt ist.
Auf das Ballett in Paris folgen schon im ersten Opernjahrhundert, dem 17., ein Reihe von – beutenatürlich vergessenen – Werken. 1690 kommt der Stoff in der Hamburger Bürgeroper an, Johann Philipp Förtsch schreibt die Musik zu dem Singspiel, später gibt es dann aber auch noch mehrere Werke von Telemann, darunter ein reines Instrumentalwerk und ein Singspiel Don Quichotte auf der Hochzeit des Comacho. Die (als Opernkomponisten) berühmten Mozart-Zeitgenossen Giovanni Paisiello und Antonio Salieri schreiben um 1770 Don Chisciotte della Mancia bzw. Don Chisciotte alle nozze di Gamace. Felix Mendelssohn Bartholdy und Saverio Mercadante reihen sich im 19. Jahrhundert ein, ehe das Bühnenwerk erschein, das bisher das längste Leben zu verzeichnen hat. Das Ballett von Marius Petipa mit Musik von dem als Komponist nicht allzu bedeutenden Léon Minkus. 1897 befassen sich Richard Strauss und Wilhelm Kienzl mit dem spanischen Ritter, Strauss in einem ausgedehnten Cellokonzert und Kienzle mit einer Oper. 1910 erscheinen eine Oper und eine Operette. Die Oper ist von Jules Massenet – und auf die kommen wir nich sehr ausführlich – die Operette von Richard Heuberger.
Der Titeldarsteller Massenets, Feodor Schaljapin,  hat später mit Georg Wilhelm Pabst einen Film gedreht, zu dem wiederum Jacques Ibert die Musikgeschrieben hat. 1965 kam am Off-Broadway The Man of La Mancha heraus, bis heute beleibtestes Musical zu dem Thema. Aber auch Komponisten wie Hanz Zender und Helmut Oehring haben ihre musiktheatralischen Versionen zu dem Thema beigetragen. Gerade jetzt wird ein neuer Film beworben: The Man who Killed Don Quixote.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Hinweis: Nur ein Mitglied dieses Blogs kann Kommentare posten.