Dienstag, 6. März 2018

The Story of Semele

Die Geschichte der Semele findet sich literarisch ausgestaltet bei Ovid, in den Metamorphosen, eine beliebte Quelle für Barockopern. Semele ist eine der zahlreichen Geliebten des Zeus, der mit ihr Dionysos zeugte. Sie selbst hab göttlich, halb menschlich.  Ihre Mutter ist Harmonie, die Göttin der Eintracht und ihr Vater Kadmos, der sagenhafte Gründer von Theben. Die eifersüchtige Hera tut es Zeus gleich und steigt in menschlicher Gestalt, nämlich als Semeles Schwester Ino,  auf die Erde herab und verleitet Semele dazu, von Zeus zu verlangen, sich ihr in göttlicher Gestalt zu zeigen. Das Feuer des Blitzes verbrennt sie und es kommt zur Frühgeburt, worauf Zeus Dionysos in seinen Schenkel einnäht, um ihn dann selbst zu »gebären«.
1743 komponiert und im Februar 1744 zur Uraufführung gebracht, ist The Story of Semele (so der korrekte Titel des Librettos) eine Oper und ein Oratorium zugleich. Neuere Autoren werden zwar nicht müde, zu betonen, dass es ein Oratorium sei, aber schon John Mainwaring, der erste Biograph Händels sagt: »An English Opera, but called an Oratorio …«. Der Librettist ist vermutlich Newburgh Hamilton (1691–1761), mit dem Händel zwischen 1736 und 1746 regelmäßig zusammenarbeitete. Seine primäre Quelle ist ein älteres Opernlibretto. Der Dichter und Dramatiker William Congreve (1670–1729) hatte es 1705/1706 für John Eccles (1668–1735) geschrieben. Offenbar wurde das Werk aber nicht aufgeführt. Erst in jüngster Zeit gab es eine Aufführung in Utrecht, die bei YouTube dokumentiert ist, hier der erste Teil, und hier der zweite. Wenige Jahre nach Congreve und Eccles, aber sicher ganz unabhängig davon, schrieben Antoine Houdar de la Motte (1672–1731) und Marin Marais (1656–1728) eine französische Oper Sémélé, die zum Bedeutendsten gehört, was die beiden Autoren hervorgebracht haben. Es ist möglich, wenn auch durch nichts belegt, dass Händel den Stoff ganz bewusst wegen seiner Aktualität. ausgesucht hat. Aktuell nämlich hatte König George II. eine Mätresse, Frau von Walmoden, die nach dem Tod der Königin Karoline ganz offiziell, eingeladen vom Premierminister, der seine eigenen Pläne damit verfolgte, von Hannover nach London gekommen war. Sie strebte nun eine Heirat an, was aber eigentlich wegen ihres Status' als Mätresse nicht in Frage kam. Der Musikhistoriker Michael Zywietz (in Händels Oratorien, Oden und Serenaden. Das Handbuch, Lauber 2010, herausgegeben von Hans Joachim Marx) spekuliert nun, das Oratorium könnte als Warnung gemeint sein, dem Monarchen nicht zu nahe zu kommen, um nicht das gleiche Schicksal zu erleiden wie Semele. Wie dem auch sei, die Aufführungen waren kein großer Erfolg. DAs mag auch daran gelegen haben, dass das Werk nicht eindeutig Oratorium, aber auch nicht eindeutig Oper ist.

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