Mittwoch, 21. März 2018

Dmitri Schostakowitsch: Die Nase

Je nachdem, wie man zählt und wie man Angaben der Art: »6–8 Gnadenbrotempfänger« interpretiert, kommt man auf eine Zahl jenseits der 80 für die Gesangsrollen in der Oper Die Nase. Die treten nie alle gleichzeitig auf, Doppelbesetzungen sind also möglich, aber ein Ensemble mit etwa zehn Sängern für die Haupt- und etwa zwanzig für die Nebenrollen – die aus dem Chor besetzt werden können, falls es dafür genügend Probentermine gibt – sollte ein Opernhaus schon zur Verfügung haben, wenn es diese Oper auf den Spielplan nehmen will. Das Orchester nimmt sich dagegen mit einer einfachen Holzbesetzung bescheiden aus, lediglich das Schlagzeug ist mit neun Spielern üppig besetzt. Neben Klavier und Streichern sind noch zwei Harfen, zwei Balalaikas und zwei Domras (Balalaikas mit rundem Korpus) vorgesehen. Die Oper ist in drei Akte eingeteilt, die wiederum mehrere Bilder umfassen. Jeder der drei Akte hat in seinem Zentrum ein Interludium, das den ersten vom zweiten Teil trennt. Das bekannteste Zwischenspiel ist das im ersten Akt. Es ist ein reines Schlagzeugstück, das erklingt, nachdem der Barbier die Nase in die Newa geworfen hat und sich dabei erwischen lässt. Der Prolog (Kowaljow beim Barbier, wo er völlig unbemerkt die Nase verliert) ist Teil des 1. Aktes, der damit fünf Schauplätze hat. Der Epilog wird den vier Bildern des 3. Aktes angehängt; es sind Repliken des Prologs und des 2. Bildes des Ersten Aktes, also des 3. Bildes der Oper. Der 2. Akt besteht aus einem Vorspiel vor dem Vorhang und zwei Bildern. Im 3. Akt gibt es eine geteilte Bühne, zwei verschiedene Wohnzimmer werden simultan bespielt.
Die beiden Hautpersonen sind der Kollegenassessor Platon Kusmitsch Kowaljow, Bariton, und der Barbier Iwan Jakowlewitsch, Bass. Im Traum begegnet Kowaljow gegen Ende des 1. Aktes seiner verlorenen Nase in der Uniform eines Staatsrats. Gogol musste aus Rücksicht auf die orthodoxe Kirche die Szene in seiner Erzählung von der Kathedrale in Kasan in ein Kaufhaus verlegen. Zu Schostakowitschs Zeit war das kein Problem mehr und es konnte der originale Schauplatz verwendet werden. Was bei Gogol absolute Fantasie ist, konkretisiert sich auf der Bühne. Die Nase singt Tenor. Beide Hauptpersonen habe einen weiblichen Gegenpart, der für die Konflikte sorgt. Praskowja Ossipowna, die Frau des Barbiers, ist sofort überzeugt davon, dass ihr Mann dem Kollegenassessor beim Rasieren die Nase abgeschnitten hat, und jagt ihn am Ende des 1. Bildes des 1. Aktes aus dem Haus. Der Kollegenassessor ist überzeugt davon, dass die Stabsoffiziersfrau Pelageja Grigorjewa Podtotschina ihn verhext hat mit der Nase, sie glaubt, mit seinen Verwünschungen wolle er um ihre Tochter werben – das ist was in der Simultanszene im 3. Akt abgehandelt wird.
Fantastisch, verwirrend, ganz und gar nicht klassisch opernhaft, das ist Die Nase von Dmitri Schostakowitsch. 15 Wiederholungen gab es von der Produktion der Uraufführung. Danach verschwand das Stück in der Sowjetunion für 44 Jahre. Ab 1936 galt es als »formalistisch«.

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