Mittwoch, 21. Februar 2018

Das Wunder der Heliane und Korngolds Filme

Das »Mysterium« Die Heilige, das der Oper Das Wunder der Heliane zugrundeliegt, ist bis auf die Schlussszene des 1. Aktes, die 1927 im Jahrbuch des Paul Zsolnay Verlages veröffentlicht wurde, verschollen. Es ist einText des expressionistischen Dichters Hans Kaltneker, den dieser ausdrücklich zur Vertonung schrieb. Die Mutter Kaltnekers behauptete in einem Brief gegenüber Korngold nach der Premiere, dass er sich eine Vertonung durch Korngold auch gewünscht hätte. Sicher ist, dass Kaltneker von Violanta stark beeindruckt war, die er wohl in Wien 1916 gesehen hat. Als Korngold sich für das Sujet als Grundlage seiner dritten Oper entschied, beauftragte er jedoch einen namhaften Librettisten, Hans Müller-Einigen mit der Textfassung.
Korngold hielt Das Wunder der Heliane für sein bestes Werk. Zahlreiche Fürsprecher - der erste unter ihnen war sein Vater Julius Korngold, ein einflussreicher Wiener Musikkritiker - haben versucht, dies wortreich zu untermauern. Unterm Strich aber bleibt, dass das Werk weder damals noch heute gegen Die tote Stadt Bestand hat. Auch wenn heute das Werk, das 1927 möglicherweise den ganz großen Erfolg verhinderte, Jonny spielt auf von Ernst Krenek kaum noch eine Rolle spielt, haben die zahlreichen Erweckungsversuche seit 1988 (damals in Bielefeld durch John Dew) keine grundsätzliche Neubewertung erreicht. Am stärksten ist der Komponist Korngold in der Sopranarie des 2. Aktes, »Ich ging zu ihm«, Wo er mit seiner Musik die Worte Helianes Lügen straft. Selbstverständlich liebt sie den »Fremden« allen gegenteiligen Schwüren zum Trotz. Die Intrumentation des Werks ist gekonnt, aber letztlich zu überladen. Immer wieder gehen die Details in der schieren Lautstärke unter. Nur eine detaillierte Patrituranalyse bringt Aspekte ans Tageslicht, die eine Einordnung des Werks in die großen Opern des 20. Jahrhunderts ermöglichen.
Im Jahr der Uraufführung von Das Wunder der Heliane und Jonny spielt auf wurden die ersten Tonfilme produziert. Beide Werke sind in gewisser Weise auch Vorboten dieser neuen Kunstgattung. Zwischen Jonny spielt auf und dem allerersten Tonfilm The Jazz Singer gibst es sogar noch eine Parallele, die beide heute zu höchst problematischen Zeugnissen ihrer Zeit machen. In beiden steht ein Afroamerikaner (so hätte man das damals natürlich nicht gesagt) im Zentrum, der selbstverständlich von einem Weißen dargestellt wird. Das Wunder der Heliane hingegen enthält sehr viel Musik, die auch einen Film begleiten könnte. Dass Korngold neun Jahre später seinen ersten Oscar für die Beste Filmmusik in Händen hielt, ist nur konsequent.
Seinen Einstieg in Hollywood erhielt Korngold durch Max Reinhardt, mit dem er 1929 erstmals in Berlin zusammengearbeitet hatte. Als Bearbeiter klassischer Operetten hatte sich Korngold seit 1927 einen Namen gemacht. Daher holte ihn sich Reinhardt für seine Fledermaus-Inszenierung ans Deutsche Theater. 1934 rief er ihn dann nach Hollywood für die Bearbeitung der Musik zum Sommernachtstraum von Felix Mendelssohn Bartholdy. Korngold kehrte danach zwar noch einmal kurz nach Europa zurück, aber er hatte bereits weitere Verträge in der Tasche. Die erste Filmpartitur, die nur Musik von Korngold selbst enthält, ist Captain Blood (1935), ein Film von Michael Curtiz mit Errol Flynn und Olivia de Havilland. Das war das Team mit dem er für The Adventures of Robin Hood 1938 seinen zweiten Oscar gewann. Davor aber gab es noch weitere Filme, an denen Korngold mitarbeitete, manchmal sogar, ohne dass es in den »credits« erwähnt wurde. Der erste, Give Us the Night,ein Sängerfilm mit Gladys Swarthout und Jan Kiepura ist einer von fünf Filmen, die Korngold 1936 herausbrachte. Darauf folgten Hearts divided und The Green Pastures, ein besonders bemerkenswerter Film: Darin werden Biblische Geschichten ausschließlich von afroamerikanischen Schauspielern dargestellt. Am bekanntesten aus diesem Jahr ist Anthony Adverse. Der Film räumte vier Oscars ab, darunter den ersten für Korngold, findet aber auch bei den „Rotten Tomatoes“ Erwähnung. Der letzte Film, der 1936 mit Korngolds Beteiligung entstand, war Rose of the Rancho, ein weiterer Film mit der Mezzosopranistin von der Met, Gladys Swarthout. 24 Filmpartituren zählt die Website e-Filmmusik.de auf. Erwähnung sollten noch finden: The Prince and the Pauper (1937), The Private Lives of Elizabeth and Essex (1939), The Sea Hawk (1941) und Kings Row (1942).

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