Dienstag, 17. Oktober 2017

Le Prophète, Versuch einer Inhaltsangabe

Meyerbeer selbst sagte, dass ihm das Werk ganz fremd geworden wäre in der langen Zeit, in der er es hatte liegen lassen, also zwischen seiner Rückkehr nach  Berlin 1842 und der Wiederaufnahme des Projektes für die Opera, nachdem dort die Leitung gewechselt hatte, 1847/48. Damit meinte er natürlich nicht, dass er jetzt ablehnen würde, was er einst geschrieben hatte. Er meinte nur, dass er sich erste einmal wieder in die Materie einlesen musste. Und so geht es einem außenstehenden Betrachter auch jedes Mal. Das Werk ist so komplex und durch die lange Entstehungsgeschichte auch vielschichtig in jeder Hinsicht, dass man immer zwei Mal schauen muss, ehe man etwas Verbindliches sagen kann. Hier sei jetzt also der Versuch einer Inhaltsangabe gemacht.

Ouvertüre
Meyerbeer hat erst sehr spät eine Ouvertüre komponiert und sie schließlich zugunsten eines kurzen Préludes wieder verworfen. Die kritische Neuausgabe würde es nun ermöglichen, die Ouvertüre zu spielen, da aber Meyerbeer ausdrücklich nicht wünschte, dass sie als Einleitung zu der Oper gespielt wird, wird man vernünftigerweise darauf verzichten.

1. Akt
In der Nähe von Dordrecht
Nr 1 Prélude et choeur pastoral. Morgenstimmung. Zwei Schäfer wecken mit ihren Schalmeien (Klarinetten in den Kulissen) die Landbevölkerung auf.  Nr 1 bis DieAuftrittskavatine der Berthe hat Meyerbeer in zwei Varianten komponiert und schließlich doch wieder weg gelassen. Nachdem die Sängerin feststand, hatte Meyerbeer die Absicht, ihre Partie nun wieder aufzuwerten und suchte nach Erweiterungsmöglichkeiten. Am Ende fiel die Auftrittskavatine der Zeitvorgabe durch die Direktion der Oper zum Opfer – kurz vor der Uraufführung musste Meyerbeer seine Oper um ca. 25 Minuten kürzen. Berthe freut sich auf die Hochzeit mit Jean. Nr 2/Nr 3A Fidès kommt, um Berthe abzuholen. Nr 3B Die drei Anabaptisten Jonas, Mathisen und Zacharie treten singend auf. Sie wiegeln die Bauern gegen die Obrigkeit auf. Als diese in ihren Gesang einstimmen, glauben sie sich schon am Ziel. Doch als der Graf Oberthal auftritt verstummt alles. Nr 4 Obertal verjagt die Anabaptisten und wendet sich Berthe zu, die vor Angst vergeht. Zusammen mit Fidès trägt sie ihr Anliegen in einer »Romance« vor: sie möchte Dordrecht verlassen, um Jean zu heiraten. Nr 5 Mit einem sechsfachen Nein lehnt Obertal ab und setzt Fidès und Berthe gefangen. Jetzt sind die Bauern bereit, den Anabaptisten, die erneut auftauchen, zu folgen.
Ohne Pause ging es auf Anweisung Meyerbeers in der Uraufführung bei offener Verwandlung in den 2. Akt über.

2. Akt
Leiden, in der Schenke Jeans
Nr 6 Eine »Valse villageoise« eröffnet den Akt. Sollte jemand an den »Bauernwalzer« im Freischütz erinnert sein, so sei erwähnt, dass Weber und der fünf Jahre jüngere Meyerbeer sozusagen durch die gleiche Schule gegangen waren. In den Schluss schleichen sich die Anabaptisten ein. Und wenn das Tempo auch verlangsamt wird, so hat ihr Choral nun doch etwas unwirklich Tänzerisches. Nachdem Jean alle seine Gäste zufrieden gestellt hat, gibt er sich der Sehnsucht nach seiner Braut hin. Den Anabaptisten fallen seine ganz besonderen Züge auf. Er ähnelt einem Bild des Königs David in einer Kirche in Münster. Nr 7 Nachdem Jean die Gäste hinauskomplimentiert hat, weil er allein auf Berthe und Fidès warten will, sprechen die Anabaptisten ihn an. Er erzählt ihnen einen Traum, den er hatte. Darin huldigten ihm die Menschen und er kam sich mächtig vor. Die Idee, musikalische Themen aus dem 4. Akt hier schon auftauchen zu lassen, kam Meyerbeer erst 1848. Die Anabaptisten wollen ihn davon überzeugen, dass das die Zukunft ist: »Jean, du wirst herrschen!«. Doch herwill davon nichts wissen, er denkt nur an Berthe. Nr 8 Sie ist sein Königreich, wie er in seiner »Pastorale« beteuert. Nr 9 Lärm von außen. Berthe sucht Schutz bei Jean, sie wird verfolgt von Oberthal, der deutlich macht, dass er Fidès noch in seiner Gewalt hat. Vor die Entscheidung zwischen Braut und Mutter gestellt entscheidet sich Jean für Fidès und schickt Berthe zurück zu Oberthal. Nr 10 In dem berühmten Arioso »Ah, man fils« bedankt sich Fidès bei ihrem Sohn und segnet ihn. Nr 11 Jetzt ist Jean bereit, sich den Anabaptisten anzuschließen.

3. Akt
Lager der Anabaptisten in einem Wald in Westfalen mit einem zugefrorenen See
Nr 12 Die Anabaptisten bereiten sich darauf vor, Münster zu erstürmen. Sie tanzen und singen im Kontrast dazu fromme Lieder. Nr 13 Zacharie heizt die Stimmung mit einem Kriegslied an.  Nr 14 Die Schlittschuhläufer kommen an. Die Bäuerinnen verkaufen ihre Waren. Nr 15 Ballett. Die Idee eines Schlittschuhballetts (natürlich auf Rollschuhen auszuführen) geht schon aus den ersten Skizzen und Tagebucheintragungen Meterebers hervor. Komponiert hat er es aber erst auf den allerletzten Drücker. Es besteht aus Vier »Airs de Ballet«: Valse, Pas de la Redowa, Quadrille des Patineurs, Galopp. Nr 16 Mathisen kommt aus Münster zurück. Gouverneur der Stadt ist jetzt Oberthal (!), der wütend darüber ist, dass die Anabaptisten sein Schloss verwüstet haben. Er wird die Stadt natürlich nicht aufgeben und hat den Kaiser um Beistand gebeten. Daher eilt es jetzt mit dem Sturm auf Münster. Oberthal kommt höchstselbst, inkognito natürlich. Gelegenheit für ein Buffotrio mit zwei Anabaptisten, in dessen Verlauf er dann schwören muss, dass er dabei ist, wenn sie den Gouverneur von Münster aufhängen. Schließlich wird er doch erkannt und abgeführt. Jean träumt davon, seine Mutter wiederzusehen. Doch die Anabaptisten behaupten, sie sei tot. Nun kommen die Wachen mit Oberhtal vorbei und Jean erfährt von ihm, dass Berthe sich in den Fluss gestürzt habe, aber wunderbarerweise errettet worden sei, denn gestern habe er sie in Münster gesehen. Jean entscheidet, dass Berthe das Urteil über Oberthal sprechen soll. Nr 17 Die Soldaten meutern gegen Jean. Nr 18 Aber mit einem Gebet bringt er alle wieder hinter sich. Nr 19 Mit einer »Hymne triumphal« ziehen die Anabaptisten im Sonnenaufgang auf Münster los.

4. Akt
1. Bild: Öffentlicher Platz vor dem Rathaus in Münster
Nr 20 Nur ganz leise zwischen den Hoch-Rufen trauen sich die Bürger von Münster gegen die Anabaptisten und ihren Propheten zu protestieren. Nr 21 Fidès ist nicht tot, sondern lebt unerkannt als Bettlerin in Münster. Nr 22 Nur Berthe erkennt sie. Beide liegen sich in den Armen. Doch Fidès hat schlechte Neuigkeiten für Berthe. Die war nach Münster gegangen, weil sie gehört hatte, dass Jean dahin gezogen sei. Aber Fidès glaubt, Jean sei tot. Sie hält »den Propheten« für seinen Mörder. Berthe schwört Rache.
2. Bild: Im Dom zu Münster
Nr 23 Der »Krönungsmarsch« wird lange vor dem Einzug des Propheten gespielt. Er begleitet die ins Münster strömende Menge, die den Propheten sehen will. Nr 24 In die frommen Gesängen der Anabaptisten mischen sich die Rachegedanken der Fidès, die möchte, dass Berthe den Propheten umbringt wie Judith Holofernes. Der Kinderchor kündigt die Ankunft des Propheten an. Als der ankommt, erkennt Fidès natürlich ihren Sohn. Doch für die Anabaptisten wäre es peinlich, wenn ihr Prophet der Sohn einer Bettlerin wäre. Daher zwingen sie ihn, seine Mutter zu verleugnen, indem sie drohen, sie umzubringen. Jean heilt nun die arme Bettlerin von ihren »Wahn« indem er ihr sagt, dass es seinen Tod bedeuten würde, wenn dem so wäre. Nun wird daher umso mehr bewundert und kann gekrönt werden.

5. Akt
1. Bild: Im Keller des Rathauses
Nr 25 Die Anabaptisten verabreden, Jean zu opfern, um sich selbst zu retten. Er soll an die kaiserlichen Truppen ausgeliefert werden. Fidès, die als Gefangene hereingeführt wird, Nr 26 Sie vergibt ihrem Sohn aber verflucht die Anabaptisten. Nr 27 Jean kommt und beide versöhnen sich. Fidès mahnt Jean, die Herrschaft aufzugeben. Nr 28 Berthe kommt dazu, denn sie will den Keller, wo viel Pulver gelagert ist, in Brand stecken, um so den »Propheten« zu töten. Sie ist überglücklich, Jean lebend zu finden. Als sie erfährt, dass er selbe st der »Prophet«ist, ersticht sie sich. Jetzt beschießt Jean den Untergang der Anabaptisten.
2. Bild: Festsaal im Rathaus
Nr 29 Mit großem Pomp wird die Krönung Jeans gefeiert. Jonas, Mathisen und Zacharie lassen Oberthal in die Stadt einziehen. Aber Jean rechnet mit allen ab. Er lässt Feuer im Keller legen und mit Jubelgesang gehen alle im explodierenden Rathaus unter.



Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Hinweis: Nur ein Mitglied dieses Blogs kann Kommentare posten.