Dienstag, 11. Oktober 2016

Fidelio Fortsetzung

Am 12. Oktober geht es weiter mit Fidelio. Nachdem wir uns mit den Vorlagen und Voraussetzungen Beethovens befasst haben, vergleiche wir jetzt die Fassungen. Die vier Ouvertüren spielen wir nur an. Die »Erste Leonoren-Ouvertüre« op. 138 ist keineswegs die erste Ouvertüre, die Beethoven für die Oper geschrieben hat. In der zeitlichen Abfolge der Komposition ist sie die dritte. Sie entstand für eine geplante Aufführung außerhalb Wiens, vielleicht in Prag, wurde aber zu Beethovens Lebzeiten nie gespielt, da die Aufführung nicht zustande kam. Die Opuszahl und die Bezeichnung »Erste Leonoren-Ouvertüre« erhielt sie posthum von Beethovens Verleger Haslinger. Alle drei »Leonoren-Ouvertüren« sind große sinfonische Gemälde, die in Sonatensatzform das Drama von Leonore und Florestan nachzeichnen, das allerdings mit individuellen Unterschieden. So kommt etwa in der dritten Ouvertüre das Trompetensignal eher als in der zweiten. Die dritte ist vielleicht die vollendetste, was die reine Musik betrifft: man trifft sie sehr oft im Konzertsaal an. Und es gibt eine Wiener Tradition, vom Hofkapellmeister Otto Nicolai eingeführt: sie wird gern als »Umbaumusik« vor dem letzten Bild eingesetzt. Folgt man in der Inszenierung den Angaben zum Bühnenbild aus dem Libretto, so ist ein aufwändiger Umbau unumgänglich. Um vom düsteren Kerker auf den Paradeplatz vor dem Gefängnis zu kommen, ist meist nicht mit ein paar Handgriffen oder dem Hochziehen von einem Prospekt zu realisieren. Also geht meist der Vorhang zu und das Gerumpel dahinter setzt ein, oft noch bevor der Dirigent die Chance hat, die Musiker zum Fortissimo zu animieren, um die Geräusche von der Bühne zu übertönen. Ganz anders die Ouvertüre, die Beethoven kurz vor der Aufführung 1814 schrieb und die jetzt – gemäß der Namenkonvention zur Unterscheidung der Fassungen – Fidelio-Ouvertüre genannt wird. Sie ist vor allem darauf konzentriert, unmittelbar in die Opernhandlung, die als Singsiel beginnt, einzuführen.
An der Arie der Marzelline können wir in den drei Fassungen genau nachvollziehen, wie Beethoven um jeden Ton mit sich gerungen hat. Genau so ist es am Ende, »Wer ein solches Weib errungen« stand nicht von Anfang an so in der Partitur, wie wir es heute gewohnt sind. Der ganz große Unterschied im Finale ist allerdings, dass die Leonore-Fassungen noch mit einem Rache-Chor beginnen statt der freudigen Begrüßung des Ministers mit »Heil sei dem Tag!«

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