Dienstag, 11. März 2014

Exkurs: Kleine Geschichte der Opernhäuser in Mailand

Im 17. Jahrhundert, als Oper in den meisten Städten noch eine rein repräsentative Kunst des Hofes war, gab es Aufführungen im Palazzo reale in der Nähe des Doms. Palazzo ducale hieß der Regierungssitz noch zu Zeiten der Sforza, seit aber Ludwig XII. und Franz I. von Frankreich die Oberhand über Norditalien hatten wurde aus dem herzoglichen ein königlicher Palast. 1695 brannte das Hoftheater nieder und für mehr als 20 Jahre gab es keine Opernaufführungen in Mailand. Erst 1717 eröffnete das Teatro ducale an der gleichen Stelle, das später Teatro regio ducale hieß und für das Mozart seine Frühwerke Mitridate, Re di Ponto, Ascanio in Alba und Lucio Silla schrieb. Dieses Theater fiel 1776 den Flammen zum Opfer. Jetzt war nicht mehr Frankreich die Schutzmacht der Lombardei, sondern die Mutter des Großherzogs der Toscana, Regierende Herzogin von Parma und Piacenza, Großherzogin von Österreich, Gattin des Römischen Kaisers – und was nicht alles – kurz: Maria Theresia. Unter ihrer Regentschaft wurden nun gleich zwei Opernhäuser neu gebaut, durchaus im Bestreben, die Mailänder mit großzügigen Unterhaltungsangeboten davon abzuhalten, gegen die Regierung zu rebellieren. Für das große Haus des neuen Teatro regio ducale wurde eine verfallende Kirche aus dem 14. Jahrhundert abgerissen, Santa Maria alla Scala. Sehr bald übernahm dieses neue Opernhaus den Namen von der Kirche: Teatro alla Scala. Es wurde 1778 eröffnet mit Europa riconosciuta des Wiener Kammerkomponisten und Opernkapellmeisters Antonio Salieri. In diesem großen Haus des königlich-herzoglichen Theaters sollten der Hochadel (in den gekauften Logen) und deren Bedienstete (stehend und auf Holzbänken im Parkett) unterhalten werden, nur die Galerieplätze wurden verkauft. Das kleine Haus war für ein einfacheres Publikum gedacht, es wurde auf dem Areal der von Paolo da Cannobio gestifteten »scuole cannobiane« errichtet. Auch für die Eröffnung dieses Theaters schrieb Salieri ein Oper, La fiera di Venezia. Das Teatro della Cannobiana (zwei 'n' und ein 'b', nicht umgekehrt), wo 1832 L'elisir d'amore zur Uraufführung kam, steht bis heute, derzeit allerings leer. Es heißt Teatro lirico Giorgio Gaber. Nach einem Brand 1938 wurde der Innenraum komplett neu gestaltet, 1943 diente es der durch Bomben zerstörten Scala als Ausweichquartier und in den 60er Jahren erhielt es Giorgio Strehler als Großes Haus für sein Piccolo teatro.
1801 – nun regierten wieder die Franzosen, genauer: Napoleon – gründete sich eine Società Teatrale della Casa Carcano, die auf einem Grundstück, das Giuseppe Carcano zur Verfügung stellte, ein weiteres Opernhaus baute. Das Teatro Carcano, das ebenfalls bis heute existiert, hier allerdings ist nicht nur der Innenraum, sondern auch die Fassade komplett umgebaut worden. Eröffnet wurde das Teatro Carcano am 3. September 1803 mit Zaira von Francesco Federici, dessen Lebensdaten weitgehend unbekannt sind. Das Manuskript eines Chores aus dieser Oper wird in der Staatsbibliothek Berlin aufbewahrt. 1830 bzw. 1831 kamen hier Anna Bolena von Donizetti und La sonnambula von Vincenzo Bellini heraus.
Zwei weitere Opernhäuser sind zu erwähnen, die noch im 19. Jahrhundert gebaut wurden: das Teatro della Comedia (1850), später hieß es Teatro Manzoni, und das Teatro dal Verme (1872), wo Puccinis Le villi und weitere vom Verleger Sanzogno prämierte Einakter ebenso wie Leoncavallos I Pagliacci zur Uraufführung kamen.

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