Herman Melville (1819–1891) gilt heute als einer der bedeutendsten amerikanischen Schriftsteller, sein Roman Moby-Dick gehört in jede Sammlung der Weltliteratur. Von der Schriftstellerei konnte er jedoch nur eine kurze Zeit leben. Viel Zeit verbrachte er in der ersten Hälfte seines Lebens auf den Weltmeeren, zumeist als Matrose. Nach ein paar Jahren als Landwirt in Massachusetts kehrte er 1863 nach New York zurück, wo er als Zollinspektor im Hafen arbeitete. Was er auf den Schiffen erlebt hat, ist mindestens so spannend wie die Literatur, die er daraus destillierte. Er desertierte, wurde gefangen, brach aus und lebte unter den Ureinwohnern Nukuhivas, einer französisch-polynesischen Insel im Pazifik. Und natürlich fuhr er auf eine Walfänger mit, daher Moby-Dick.
Sein letztes Werk, 1886 begonnen, hinterließ er unvollendet, erst 33 Jahre nach seinem Tod wurde es herausgegeben. Man weiß also nicht, wie seine Zeitgenossen darauf reagiert hätten. Billy Budd Sailor ist der Titel des kurzen Romans, den man schnell durchgelesen hat: hier z. B.
Benjamin Britten war nicht der erste, der den »Foretopman« (Schiffswache, direkt dem Wachoffizier unterstellt) Billy Budd auf die Opernbühne brachte, zwei Jahre vor ihm brache Giorgio Ghedini seine Oper Billy Budd in Venedig heraus, die allerdings schnell wieder vergessen wurde. In gewisser Weise ist Brittens Oper eine Fortführung von Peter Grimes. Eine Zuspitzung in vielerlei Hinsicht. Etwa dadurch, dass nun wirklich nur Männer (und Jungs) die Bühne bevölkern. Es spielt ja auf einem Kriegsschiff (Melville nennt es »Indomitable«) in den napoleonischen Kriegen 1797. Anders als bei Peter Grimes ist das Verbrechen, das Billy Budd begeht unzweifelbar, aber genauso wie Peter Grimes gerät er in eine Situation, aus der er nur mit Gewalt herauskommt. Und seine Verurteilung ist ebenso unmenschlich wie die des Peter Grimes, weil die Umstände überhaupt nicht zur Diskussion stehen, sondern nur das Ergebnis, der tote Junge bei Peter, der tote »Teufel« Claggart bei Billy.
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