Die fünfunddreißigste Oper Donizettis haben wir bereits etwas näher bleuchtet, nun kommen wir zur zweiundvierzigsten. Zwei riesige Erfolge an den kleineren Theatern in Mailand (Anna Bolena und L'elisir d'amore) und zwei an der Scala eher kühl aufgenommene neue Werke (Gianni di Parigi und Ugo, conte di Parigi) änderten nichts daran, dass die Hauptwirkungsstätte Donizettis Neapel blieb, wo er schon 1822 von allen drei Theatern (Teatro del fondo, Teatro nuovo und Teatro San Carlo) Aufträge erhielt. 1834 wollte das Teatro San Carlo wieder eine neue Oper vom Meister haben und er schlug als Vorlage Schillers Maria Stuart vor, die er vermutlich um 1830 in Mailand gesehen hatte. Mit diesem Stoff sollte sich doch der Erfolg der Anna Bolena wiederholen lassen. Dass Bellini gerade mit Beatrice di Tenda, die ebenfalls diesem Strickmuster folgte, gescheitert war, schreckte ihn offenbar nicht. Die Hoffnung, Felice Romani würde das Libretto schreiben, erfüllte sich leider nicht. Deswegen ließ sich Donizetti von einem begabten 17-jährigen Neapolitaner die Worte schmieden. Das widrige Schicksal der Oper Maria Stuarda mag dafür verantwortlich sein, dass er danach nie wieder einen Operntext verfasste, sondern Richter wurde und später Polizeipräfekt von Neapel.
Die Proben zogen sich über den Sommer 1834 hin, die beiden Primadonnen führten einen Privatkrieg, in dem sie ihre Rollen quasi weiterspielten. Natürlich war die Zensur alarmiert: zwei Königinnen auf der Bühne, das geht ja gar nicht. Der Legende nach passierte das Unglück aber erst in der Generalprobe Ende September. Die Königin beider Sizilien, Maria Cristina von Neapel, wollte sich die Oper unbedingt vor allen anderen ansehen. Die Oper nahm sie aber so sehr mit, dass sie im dritten Akt in Ohnmacht fiel. Jetzt hatte die Zensur endlich einen Grund, das Werk zu verbieten. Donizetti wollte aber seine Musik nicht kampflos aufgeben. Er schrieb zusammen mit dem Librettisten, der seine letzte Oper für Neapel geschrieben hatte (Sancia di Castiglia, 1832), einen vollkommen neuen Text unter dem Titel Buondelmonte. Die Uraufführung am 18. Oktober 1834 war erwartungsgemäß kein Erfolg.
Im Jahr darauf schlug dann Maria Malibran der Leitung der Mailänder Scala vor, Donizettis »verbotene« Oper, also Buondelmonte mit dem richtigen Text und unter dem richtigen Titel aufzuführen. Doch sie war, wie auch die Sängerin der Elisabetta, Giacinta Puzzi Toso, bei der Premiere indisponiert und man hätte die Premiere eigentlich verschieben sollen. Aber dann hätten sie ja keine Gage bekommen, deswegen sangen die beiden. Und prompt war die Oper wieder ein Misserfolg. Später kam dann auch die Mailänder Zensur auf den Plan und verlangte Änderungen. Die Malibran hielt sich nicht daran und schließlich wurde die Oper abgesetzt. Zu einer Aufführung in London kam es nicht, da Malibran bereits 1836 mit 28 Jahren starb. Donizetti wollte fortan mit der Scala nichts mehr zu tun haben. Nur zwei Mal machte er noch eine Ausnahme: für die revidierte Fassung von Lucrezia Borgia 1840 und für Maria Padilla 1841.
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