Sonntag, 22. September 2013

Die Zarenbraut

Nikolai Rimsky-Korsakow (über die Schreibweise lässt sich trefflich streiten, korrekt wäre heute: Nikolaj Rimskij-Korsakov) ist heute vor allem wegen seiner sinfonischen Werke und wegen der kaum noch gespielten Bearbeitung von Modest Mussorgskys Boris Godunow bekannt. Die sinfonische Suite Scheherazade, das Capriccio espagnol und die Ouvertüre Russische Ostern aus den Jahren 1887 und 1888 finden sich häufig auf den Konzertprogrammen, sehr viel seltener werden seine Opern aufgeführt. Dabei sind es nicht weniger als 15 an der Zahl, komponiert von 1868 bis zu seinem Tod 1908. Am bekanntesten sind von seinen Bühnenwerken die Märchenopern Das Märchen vom Zaren Saltan, Die Legende von der unsichtbaren Stadt Kitesch und Der goldene Hahn. Aus der ersten stammt das am häufigsten bearbeitete und alle Bearbeitungen und das Original zusammen genommen am häufgsten aufgeführte Musikstück von Rimsky, der »Hummelflug«. Er konnte aber auch »ganz anders«, wovon Die Nacht vor Weihnachten nach Gogol oder Mozart und Salieri nach Puschkin beweisen. Oder eben Die Zarenbraut, uraufgeführt zehn Wochen vor Giacomo Puccinis Tosca. Es ist die russische Spielart eines historischen Realismus. Die geschichtliche Folie, vor der hier eine ganz persönliche Liebesgeschichte mit tödlichem Ausgang gesetzt ist, reicht allerdings viel weiter zurück. So wie Napoleon und sein General Desaix in Tosca eine wesentliche Rolle spielen, ohne singend in Erscheinung zu treten, ist hier Iwan, genannt »der Schreckliche«, die historische Figur im Hintergrund, die sogar einen stummen Auftritt hat. So wie Puccini dem Musikgeschmack von 1800 mit der »Kantate« im Rokoko-Stil (hinter der Bühne von Tosca gesungen und von Bratsche und einer Harfe, die man als Cembalo-Ersatz verstehenkann, begleitet) Reverenz erweist, baut Rimsky eine russische Volksmelodie ein, die vielleicht aus dem 16. Jahrhundert stammt und bereits von Mussorgsky im Boris Godunow, von Tschiakowsky in Mazeppa (wie wir im letzten Kurs festgestellt haben) und in Streichquartetten von Beethoven und Arensky verwendet wurde.
Die Handlung der Zarenbraut steht der Tosca in nichts nach. Hier wird erpresst, manipuliert, gelogen und beteuert, dass sich die Balken biegen. Der Liebestrank, der heimlich gegen ein Gift ausgetauscht wird, erinnert dagegen wieder eher an Werke wie Euryanthe oder Tristan und Isolde, während der Wahnsinn der weiblichen Hauptperson sowohl italienische wieauch russische Vorbilder hat. Eine schon recht ausführliche Inhaltsangabe hat die Staatsoper auf ihrer Homepage veröffentlicht, das könnte ich auch nicht besser, deshalb verweise ich darauf.

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