Samstag, 23. Februar 2013

Lucrezia Borja

Nein, es ist kein Druckfehler, Papst Alexander VI. wurde 1431 in der Nähe von Valencia als Roderic de Borja i Borja geboren. Er studierte Jura und stieg schnell in der Kirchenhierarchie auf. Kein Wunder, Kalixt III., von 1455 bis 1458, war sein Onkel Alonso de Borja. Mit seiner Geliebten Vanozza de Cattanei hatte Rodrigo Borgia, wie er sich in Italien nannte, vier Kinder, der älteste war Cesare, danach kamen Juan (Giovanni), Lucrezia und Jofré. Fast alle Kirchenfürsten der Renaissance hatten ein erfülltes Sexualleben und entsprechend leibliche Kinder, die allerdings in der Regel in Klöstern aufwuchsen und in der Gesellschaft als »Neffen« oder »Nichten« auftraten. Alexander VI. aber bekannte sich ziemlich offen zu seinen Kindern und zu seiner Geliebten. Zu Cesare und Lucrezia hatte er ein besonders inniges Verhältnis, Lucrezia überließ er sogar einmal, als er auf Reisen ging, seine Regierungsgeschäfte im Vatikan, was allerdings zu Widerstand führte.
Um Alexander VI., der bestimmt kein Kind von Traurigkeit war und der als Politiker gewohnheitsmäßig »über Leichen« ging, ranken sich Legenden, die historisch kaum zu belegen sind. Weder der ihm unterstellte Inzest, noch die regelmäßigen Orgien sind belegt. Dennoch gilt er zu Recht als einer der Päpste, die durch ihre offensichtliche Ferne zum Geistlichen Amt zur Krise der Kirche am Anfang des 16. Jahrhunderts beigetragen haben, die wesentlich zur Spaltung durch die Reformation beigetragen haben.
Bis zum 19. Jahrhundert hatte sich jedoch noch niemand die Mühe gemacht, geschichtlich nachzuforschen. Und so kann Victor Hugos Schauspiel Lucrèce Borgia in seiner Zeit für ein historisches Drama gelten, auch wenn zumindest vom Schluss bekannt gewesen sein musste, dass er mit der Geschichte nicht so ganz zu vereinbaren ist, zumindest nicht, wenn Lucrezia stirbt und nicht bloß ohnmächtig wird ob der vielen anderen Toten. Lucrezia Borgia nämlich starb 1519 im Kindbett im Beisein ihres geliebten dritten Ehemannes Alfonso d'Este. Von außerehelichen Kindern ist nichts bekannt, Gennaro (der berühmte Frédérick Lemaître spielte ihn in der Uraufführung) ist also auf der ganzen Linie eine Erfindung von Victor Hugo. Am 2. Februar 1833 kam das Stück in Paris heraus und noch im gleichen Jahr formte Felice Romani ein Libretto daraus, das aus Versehen Saverio Mercadante und Gaetano Donizetti gleichzeitig zur Vertonung angeboten wurde. Der Auftrag blieb bei Donizetti hängen und am 26. Dezember des selben Jahres eröffnete die Scala ihre Saison mit dieser Uraufführung. Als das Werk 1840 in Paris zu Aufführung kommen sollte, erzwang Victor Hugo eine grundlegende Umarbeitung des Librettos, so dass von seinem Sujet nichts übrig blieb.

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