Montag, 25. Februar 2013

Gaetano Donizetti, drei Opern im Jahr

Seinen Durchbruch hatte Donizetti 1830 mit Anna Bolena am Teatro Carcano in Milano. Zum ersten Mal nach acht Jahren kam damit wieder eine Oper in der lombardischen Hauptstadt heraus, aber eben nicht an der berühmten Scala, an der er bei seinem Mailänder Debüt 1822 mit der Komödie Chiara e Serafina nicht besonders erfolgreich gewesen war. Bald nach Anna Bolena sollten aber Opern Donizettis in Mailand ausschließlich an der Scala herauskommen. Trotzdem blieb Neapel sein Hauptwirkungsort, wo 1836 seine vielleicht folgenreichste Oper herauskommen sollte, Lucia di Lammermoor. Im Schnitt ließ sich Donizetti seit 1822 jedes Jahr drei Mal von einem Theater mit der Neukomposition einer Oper beauftragen. Diese Frequenz behielt er bis 1843 bei, bis seine Krankheit ihn zum Rückzug aus dem öffentlichen Leben zwang.
Nach Ugo conte di Parigi 1832 war 1833 Lucrezia Borgia somit die dritte Oper, die Donizetti für die Scala schrieb. Um den Auftrag gab es noch eine kleine Verwirrung, auch der ältere (und berühmtere) Saverio Mercadante glaubte, den Auftrag zu haben, Felice Romanis Libretto nach dem Drama von Victor Hugo zu vertonen. Donizetti aber setzte sich durch und schrieb ein Werk, das sich in vielerlei Hinsicht vom Üblichen unterschied. Mit nur neun "Nummern" in einem Prolog und drei Akten bricht er aus dem Kanon der Nummernoper aus, indem er größere dramaturgische Einheiten schuf. Die Auftrittsarie der Titelfigur ist keine mehrteilige Kavatine, sondern eine Romanze, zudem eine Romanze, die nicht nur ein Gefühl ausbreitet, sondern gleich in die Handlung führt. Lucrezia bewundert die Schönheit dessen, den sie gesucht hat, ihres Sohnes Gennaro, der schläft. Das Terzett im Finale des 1. Aktes wird als Duett zu Ende geführt, nachdem der Herzog die Szene verlassen hat. Nur die Aria finale folgt ganz der Tradition, so verlangte es die Sängerin der Uraufführung, Henriette Méric-Lalande. Es half ihr übrigens nicht wirklich, die Sängerin des Maffio Orsini, Marietta Brambilla, überzeugte das Publikum mehr als sie. Den Schluss haben Donizetti gegenüber Victor Hugo wesentlich verändert, sicher aus Angst vor der Zensur, möglicherweise auch auf Druck der Zensur. Bei Hugo nämlich ersticht Gennaro Lucrezia, erst dann gesteht sie ihm dass sie seine Mutter ist, worauf er dann das Fläschchen mit dem Gegengift wegwirft, um mit ihr zu sterben. Die Version Romanis ist aber immer noch dramatisch genug und konnte durchaus nicht überall ohne weitere Änderungen gespielt werden.
1840 hat Donizetti Lucrezia Borgia umgearbeitet und dabei u. a. eine Tenorarie hinzukomponiert, die heute oft mit einbezogen wird. Donizettis Klavierauszug übrigens ist in drei Akte aufgeteilt und nicht in einen Prolog und zwei Akte. Diese Einteilung ist von Felice Romani, der sich auch im Vorwort zum Libretto dazu äußerte: er wollte die "Einheit des Orts" wahren, indem er die Szenen, die etwas früher in Venedig und nicht in Ferrara spielen, in einen Prolog fasst. Donizetti war das offenbar nicht so wichtig.

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