Dienstag, 27. November 2012

Mahlermania

Heute wird die neue Spielstätte Tischlerei in der Deutschen Oper Berlin mit Mahlermania eröffnet. Die drei Vorstelungen sind schon seit längerer Zeit restlos ausverkauft. Es gibt aber noch vier Vostellungen im Juni (wo ein Hoffmann-Projekt geplant war, das jetzt verschoben wird). Also nur wer schon eine Karte hat, hat jetzt unmittelbar etwas von der Einführung. Gustav Mahler ist aber ein so interessanter Komponist (er war auch ein genialer Dirigent), dass es sich allemal lohnt, sich mit ihm zu befassen. Er wurde 1860 in einem sehr kleinen Dorf auf der Hälfte des Weges zwischen Prag und Brünn in Böhmen geboren, das damals zu Österreich gehörte. Das erste Musikinstrument, das er lernte war mit vier Jahren die Ziehharmonika. Das Gymnasium besuchte er in der nächstgrößeren Stadt, Iglau, heute Jihlava.Schon mit zehn Jahren trat er als Pianist auf, spielte Liszt und Thalberg. Mit 15 plante er, eine Oper zu schreiben, von der aber nichts, nicht einmal ein Fragment erhalten ist. Im gleichen Jahr begann er sein Klavier- und Kompositionsstudium bei der Gesellschaft der Musikfreunde in Wien. Nach drei Jahren schloss er die Studien bereits ab und wirkte als Pianist und Klavierlehrer. Erste Lieder entstanden für eine befreundete Sängerin, das erste größere vollendete Werk war Das klagende Lied, ein Oratorium für Solisten, Chor und Orchester, das jedoch erst 1901 zur Aufführung kam.
Aus dieser Zeit, 1880/81 stammt die erste Komposition, die in Mahlermania verwendet wird, Erinnerung. Der Text ist von Richard Leander, ein Pseudonym des Jenaer Chirurgen Richard von Volkmann, der in seiner Freizeit Märchen schrieb und beonders erfolgreiche Träumereien an französischen Kaminen. Nach verschiedenen kleineren Stationen als PIanist und Kapellmeister kam Mahler 1883 über Olmütz nach Kassel, später, 1885, nach Leipzig, wo er den Enkel von Carl Maria von Weber kennen lernte, mit dem er die Vollendung der Drei Pintos verabredete. Die Lieder eines fahrenden Gesellen (zwei davon sind in Mahlermania auch enthalten) zeugen von seiner Liebe zu der Sängerin Johanna Richter, die auch der Grund war für seine kurzfristige Bitte um Entlassung in Leipzig.
1888 wurden Die drei Pintos in Leipzig zur Uraufführung gebracht und machte sich Mahler an die Komposition seiner ersten Sinfonie, aus der zwei Mal der Beginn des dritten Satzes in Mahlermania erklingt. Auch die beiden Lieder Starke Einbildungskraft und Selbstgefühl stammen aus dieser Zeit. Es sind die beiden Lieder, die jeweils am Ende des 2. und des 3. Bandes der 1992 veröffentlichten Liedsammlung von Gustav Mahler stehen.
Schon die 1. Sinfonie zeigte eine starke Nähe zum Liedschaffen von Gustav Mahler, das Hauptthema des ersten satzes ist dem Lied Ging heut morgen übers Feld entnommen. Zwei Lieder mit Texten aus Des Knaben Wunderhorn, die er ursprünglich für eine Sammlung von 12 Liedern vorgesehen hatte, an denen er 1892 bis 1892 arbeitete, fügte er in Sinfonien ein. Urlicht, das auch an unserem Abend erklingt, kam in die 2. Sinfonie, Es sungen drei Engel in die 3. Sinfonie. Mit dem Beginn des dritten Satzes der 4. Sinfonie beginnt der Abend, eine Komposition aus den Jahren 1899/1901.
Wenn dein Mütterlein tritt zur Tür herein und Oft denk' ich, sie sind nur ausgegangen, das dritte und vierte der Kindertotenlieder schrieb Mahler nach den Gedichten (es sind insgesamt 428) von Friedrich Rückert 1901.
Das Adagietto aus der 5. Sinfonie kennt fast jeder aus dem Film Tod in Venedig. Mahler komponierte die Sinfonie 1904. Wir hören das Werk aber nciht als Orchesterwerk, sondern in eine Bearbeitung für Klavier zu vier Händen. Und auch der ganze Abend ist nicht von Mahler instrumentiert, es wirkt ein sehr viel kleineres Orchester mit, als wir sonst für Mahler gewohnt sind. Ausgangspunkt dafür war die Bearbeitung des Liedes von der Erde, die Arnold Schönberg 1916 für seinen »Verein für musikalische Privataufführungen« begonnen hatte, aus finanziellen Gründen jedoch liegen ließ. Erst 1983 hatte der Musikwissenschaftler und Komponmist Rainer Riehn die Arbeit zu Ende geführt und zur Aufführung gebracht. Seither wird diese Fassung immer wieder einmal aufgeführt, denn Schönberg und Riehn haben sich so in das Werk versenkt, dass etwas Neues entstanden ist, das die Intentionen Mahlers vollkommen respektiert und ihnen doch einen neuen Raum gibt. Der Abschied aus dem Lied von der Erde war der Kern der Beschäftigung  von Nico and the Navigators mit Mahler, und er steht auch am Ende des Abends. Davor gruppiert wurden nun die beschirebenen Werke aus verschiedenen Schaffensperioden. Die Lieder eines fahrenden Gesellen (zwei davon hören wir) gibt es ebenfalls in einer Bearbeitung von Arnold Schönberg, die er 1920 auch in Wien selbst aufführte. Rainer Riehn hat in diesem Sinne auch die Kindertotenlieder bearbeitet. Alle anderen Musikstücke sind von der Studienleiterin der Deutschen Oper Berlin, Anne Champert, arrangiert.

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