Eine sehr vergnügliche Inhaltsangabe ist bei Zazzerino zu finden. Zu den sonstigen Angaben dort ist zu ergänzen, dass wir schon davon ausgehen können, dass die von Benjamin Godard 1893 erstellte Partitur auch die Instrumentierung von Georges Bizet wiedergibt, da wo sie der Fassung von 1863 entspricht. Nur das berühmte Duett von Nadir und Zurga ist verlängert und der Schluss stark vergeändert. Diese zusätzliche Musik stammt von Godard. Wenn wir jetzt – wie auch in der Aufführung, die die Deutsche Oper Berlin vorbereitet – in Teilen die Fassung des 25-jährigen Bizet von 1863 rekonstruieren, dann müssen einige Takte allerdings neu im Sinne von Bizet instrumentiert werden, da wir davon nur den Klavierauszug besitzen. Die Partitur ist, wie von Zazzerino richtig bemerkt, verloren.
Nur vier Solisten weist das Personenverzeichnis aus. Je nach Quelle steht der Tenor an erster Stelle oder der Sopran. Weitere Angaben sind recht spartanisch: Léïla (Sopran) ist »(une) prêtresse« also eine Priesterin. Wie man dann später erfährt ist sie eine »Priesterin des Brahma«. Fast überflüssig zu sagen, dass es heute zwar ganz wenige Hindu-Priesterinnen gibt, im 19. Jahrhundert aber eine theatralische Erfindung war, inspiriert von den zahlreichen Opern mit dem Sujet der antiken Vestalin, die ihr Keuschheitsgelübde bricht und entsprechend bestraft werden muss. Nadir (Tenor) ist ein »pêcheur«, ein Fischer. Auch hier wird später präzisiert, dass er ein Perlenfischer ist. Das geht unter anderem aus dem Schauplatz des 1. Aktes hervor: ein Strand von Ceylon, dem heutigen Sri Lanka. Da im Norden, vor allem in den Korallenriffen zwischen Sri Lanka und dem Indischen Subkontinent wird traditionell nach Perlen getaucht. Und da lebt auch heute die tamilische Minderheit, die dem Hinduismus huldigt, während die größte Volksgruppe aus Buddhisten besteht. Zurga (Bariton) ist »roi« oder »chef des pêcheurs«. Zum Anführer oder König lässt er sich aber erst während des 1. Aktes ausrufen. Nourabad (Bass) schließlich ist der »grand-prêtre«, der Léïla in ihr Amt einführt, das wie gesagt eher das einer Vestalin ist als das irgend einer Person in der Sphäre der hinduistischen Religion.
Die bekanntesten Nummern stammen aus dem 1. Akt, das Duett Nr. 2 und die Romance Nr. 4. Alle lyrischen und lirico-spinto-Tenöre haben die Romanze »Je crois antendre encore« in ihrem Repertoire und das schon erwähnte Freundschaftsduett von Nadir und Zurga haben alle berühmten Duettpartner von von Enrico Caruso und Mario Ancona über Benjamino Gigli und Giuseppe de Luca, Jussi Björling und Robert Merrill, Placido Domingo und Sherrill Milnes (hier Domingo als Bariton zusammen mit Villazon im Waldbühnenkonzert) bis zu Jonas Kaufmann und Dmitri Hvorostovsky.
Das ist – zugegeben– nicht alles über jeden stilistischen Zweifel erhaben. Wir werden uns denn auch morgen den weniger oft gespielten Passagen der Oper widmen.
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