Dienstag, 20. September 2011

Schiller auf der Opernbühne

Zu jedem der rund ein Dutzend Bühnenwerke von Friedrich Schiller fällt einem sofort eine entsprechende Oper ein. Mit Ausnahme vielleicht von Körners Vormittag und der Huldigung der Künste – aber ehrlich: wer kennt denn überhaupt diese beiden Texte von Schiller. Alle anderen beginnend mit den Räubern und endend mit dem Demetrius-Fragment kennt man zum Teil sogar besser als Oper denn als Drama. Bei einigen bekannteren Stoffen wie dem von der Jungfrau von Orleans und vom falschen Demetrius ist es allerdings nicht bei jeder Oper sicher, dass Schiller tatsächlich als Vorlage diente. Bei Grétrys Guillaume Tell kann Schiller gar nicht als Vorlage gedient aben, denn diese Oper wurde mehr als zwölf Jahre vor Schillers Wilhelm Tell uraufgeführt. Auffällig ist die Häufung von italienischen Opern aus dem zweiten Drittel des 19. Jahrhunderts, beginnend mit Donizettis Maria Stuarda (1835) und mit Verdis Luisa Miller (1849) kulminierend. Stellt man alle nachweisbaren Werke zusammen dann gehört Don Karlos, Infant von Spanien von 1787 zu den von Komponisten eher weniger beachteten Vorlagen. Das kann allerdings auch damit zusammenhängen, dass Verdi 1867/1884 eine wirklich definitive Form gefunden hat, die niemand mehr zu übertreffen hoffen konnte. Doch Verdis Don Carlos ist immerhin schon die fünfte in der Literatur nachgewiesene Oper auf diesen Schiller-Stoff. Den Anfang machte Michele Costa 1844 in London. Der 1808 in Neapel geborene Komponist und Dirigent gründete zwei Jahre nach der Uraufführung seines Don Carlo die »Royal Italian Opera Covent Garden«, wo er interessanterweise 1867 die englische Erstaufführung von Verdis Oper dirigierte. Er nannte sich da längst Michael Costa, schrieb englische Oratrien und wurde schließlich geadelt. Seiner Musik begegnet man heute kaum noch, während vor hundert Jahren etwa Enrico Caruso noch Canzonen von ihm im Repertoire hatte. Seine größten Erfolge als Komponist hatte er mit Balletten, die er für Taglioni schrieb. Der nächste Don Carlo stammt vom gleichaltrigen Pasquale Bona, dem Lehrer Ponchiellis, Boitos und Catalanis, er kam 1847 an der Mailander Scala heraus. Diese Oper wurde immerhin 1969 einmal ausgegraben und es hat sich ein Tondokument erhalten. Antonio Buzzola (oder Buzzolla), 1815–1871 kennen wir wenigstens als Komponisten des Requiem und Kyrie der Messa per Rossini, die Verdi angeregt hatte und die vor einigen Jahren neu herausgegeben und auch etliche Male gespielt wurde. 1850 schrieb er eine Elisabetta di Valois auf ein Libretto von Verdis langjährigen Mitarbeiter Francesco Maria Piave. Sie wurde ein Jahr vor Verdis Rigoletto am Teatro La Fenice uraufgeführt. 1862 schließlich erschien mit großem Erfolg in Neapel ein Don Carlos, Infante di Spagna von Vincenzo Moscuzza. Dieser unglückliche Komponist bezichtigte Verdi fünf Jahre später des Plagiats, was zur Folge hatte, dass seine Karriere einen beträchtlichen Knick bekam. Zwar hatte er1869 noch einen großen Erfolg mit Gonzales Davila, aber heute kennt ihn niemand mehr.

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