Montag, 19. September 2011

Giuseppe Verdi: Don Carlos, 1867

Die Opern von Giuseppe Verdi waren kurz nach ihrem Erscheinen nicht nur in Italien sehr beliebt, sondern verbreiteten sich sehr rasch über die gesamte Opernwelt und begeisterten das Publikum auch in Deutschland und Frankreich. Die professionellen Kritiker stimmten nicht so uneingeschränkt in den Jubel ein. Man merkt schnell, wenn man die Kommentare liest: Wagners Überzeugung, dass die deutsche Musik der Musik aller anderen Länder überlegen sei, war keine Einzelmeinung. Fast lustig ist dabei, dass der Don Carlos von Verdi schon 16 Jahre vor seinem Erscheinen vorausgesagt wurde, nach dem Motto, »das fehlte noch!« So lesen wir im Morgenblatt für gebildete Leser 1851: »Es gab eine Zeit, wo man neue, von Patriotismus überfließende Stücke spielte wie der Lombardenbund, Giane della Bella und andere Ergüsse demokratischer Poesie. Jeztz wundert mich, daß man sie den Buchhändlern nicht wegnimmt, da sie von Legnano predigen. Die Legnano=Oper Giuseppe Verdi's kann nun wohl auch auf ewig zurückgelegt werden, falls man ihr nicht ein anderes Libretto unterlegt. Es ist übrigens durchaus nicht dabei verloren, wie überhaupt nicht bei Verdi's neuesten Opern, mögen sie Battaglia di Legnano, oder Attila, oder Masnadieri, oder Luisa Miller heißen. Da Räuber und Kabale und Liebe in Musik gesezt sind, der Fiesko schon vor einiger Zeit zur Oper geworden ist, so müßte nun nothwendig Don Carlos dran. Wer weiß, wie bald wir den Marquis Posa sein “Königin, das Leben ist doch schön” als Barytonarie debitiren hören.« Sogar die Stimmgattund des Posa hat der Journalist schon vorausgesehen.
Zwei Jahre nachdem Don Carlos in Paris zur Premiere gekommen war, schrieb der Illustrirte Kalender für das Jahr 1869: »Sodann sei erwähnt, daß auch des Hauptkoryphäen der neuitalienischen Componistenschule, d. h. Giuseppe Verdi's jüngste Oper, zuerst in Paris auf die Breter gelangte. Sie heißt “Don Carlos” – Quelle unser Schiller, es bleibt wahr, wollte man es anfangs auch bezweifeln. Natürlich enthält das betreffende Libretto Verschiedenes, bei dessen Hören wir nicht wissen, sollen wir lachen oder uns ärgern. Was die Musik anlangt, so setzte sich das allgemeine Urtheil dahin fest, daß sie ärmer an Melodien und noch reicher an “Ferocitäten und Blech-Brutalitäten” sei, als frühere Werke des Componisten.«
Tatsächlich, das warfen einige französische Kritiker Verdi vor: er hätte nicht genug Sorgfalt auf die Melodiebildung gelegt, die Oper sei »wagnerisch«, es wehe ein fataler Wind aus dem Norden. Der einzige Kritiker, der von Anfang an begeistert war, war Théophile Gautier, der von eine »kraftvollen Einfachheit« sprach.

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