Für Tristan und Isolde können wir uns etwas mehr Zeit nehmen. Da haben wir zwei Abende. Am ersten versenken wir uns in das Mittelalter und spüren den Quellen nach. Die wichtigste Quelle für Richard Wagner ist der unvollendete Roman von Gottfried von Straßburg, einem Zeitgenossen der Minnesänger, die wir schon aus Wagners Tannhäuser kennen, Wolfram von Eschenbach und Walther von der Vogelweide. Von Wolfram gibt es zwei ebenso bedeutende Romane, Parzival und Willehalm; der erste bot Stoff für zwei Werke von Richard Wagner, Lohengrin und Parsifal.
Unvollendet ist der Roman von Gottfried. Moderne Nachdichtungen wie die von Joseph Bédier (1900) oder Günter de Bruyn greifen für den Schluss auf andere Quellen zurück, hauptsächlich auf Eilhart von Oberg, der möglicherweise nicht nicht einmal der Verfasser, sondern nur der Herausgeber einer der wichtigsten anderen Bearbeitungen des Stoff ist mit dem Titel Tristrant. Der Stoff entstammt keltischer Tradition, das legt schon der geografische Raum nahe, der beschrieben wird: Cornwall als Hauptspielort zwischen der Bretagne und Irland liegend. Später kommt noch die Normandie dazu und zwischendurch werden Norwegen und Dänemark als Stationen der Reisen von Nebencharakteren erwähnt. Die älteste wenigstens in Teilen erhaltene Fassung stammt von Thomas d'Angleterre, einem anglonormannischen Dichter. Sie entstand um 1170 wie auch eine weitere Dichtung Tristan et Iseut von Béroul, einem Spielmann.
Im deutschen Sprachbereich haben sich zwei Dichter in der Nachfolge von Gottfried daran gemacht, den Roman zu vollenden, Ulrich von Türheim und Heinrich von Freiberg.
Das Faszinierende am Tristan-Stoff durch alle Wandlungen ist die jede Konvention sprengende Liebe der beiden Hauptpersonen. Sie lügen und betrügen, spielen Theater und finden immer wieder einen Ausweg, ihre Liebe von der Öffentlichkeit fernzuhalten, bis sie schließlich doch entdeckt werden und ihrerseits an einem Betrug zugrunde gehen. Überall und immer wieder begehren sie auf gegen die höfischen Konventionen und setzen ihre Liebe durch, selbst ein Gottesurteil schreckt sie nicht, sie schaffen es, die Unwahrheit als Wahrheit zu verkaufen.
Je nach Überlieferung beginnt das Spiel schon mit Tristans Eltern. Auch Riwalin und Blanscheflur sind ein heimliches Liebespaar – und sie sterben vor bzw. an Tristans Geburt. So kommt Tristan an den Hof Markes, des Bruders der Blanscheflur.
Insgesamt drei Personen mit dem Namen Isolde gilt es zu unterscheiden: die Frau des irischen Königs Gurmun, eine Zauberin, heißt Isolde wie auch ihre Tochter, die dann zur Unterscheidung gelegentlich die "blonde Isolde" genannt wird. Das ist die Isolde, die wir aus Wagners Tristan kennen. Im letzten Teil der Sage taucht eine weitere Isolde auf, Isolde Weißhand. Diese heiratet Tristan, nachdem er vom Hof Markes verjagt wurde, aber er kann seine blonde Isolde nicht vergessen und stürzt sich in Abenteuer. Isolde Weißhand dann belügt ihn, indem sie sagt, es komme ein Schiff mit schwarzem Segel – also ohne die blonde Isolde – und das bringt ihn um.
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