Montag, 7. Februar 2011

Rusalka – Undine – Meerjungfrau

Das "Lied an den Mond" aus Dvořáks Rusalka gehört zu den unsterblichen Opernhits. Auf Youtube kann man zwischen unzähligen Aufnahmen wählen. Hier Renée Fleming in einem Ausschnitt aus der Inszenierung von Robert Carsen. Schade eigentlich, dass dieser Höhepunkt schon nach 20 Minuten in der Oper vorbei ist. Wenn man sich nicht entmutigen lässt, findet man bei Youtube aber auch die Schlussszene. In einer tschechischen Fernsehinszenierung mit Schauspielern und den Stimmen von Gabriela Beňačková und Peter Dvorsky Teil 1 und Teil 2, etwas abrupt von einander getrennt, kann man hören, dass die musikalische Intensität dennoch bis zum Schluss der Oper nicht nachlässt.
Das Gedicht Der Wassermann von Karel Jaromír Erben hatte Dvořák schon 1896 zu einer Symphonischen Dichtung unter dem gleichen Titel angeregt (auch hier unschön zusammengefügt, Teil I und Teil II) . In kurzer Folge schrieb er noch drei weitere Symphonische Dichtungen nach Vorlagen von Erben. Als vier Jahre später der Dramaturg und Literat Jaroslav Kvapil mit einem fertigen Libretto zu ihm kam, das sich ebenfalls auf die Märchensammlungen von Erben berief, war er schnell Feuer und Flamme. Kvapil hatte das Libretto zunächst Oskar Nedbal (ein Schüler Dvořáks, man kennt heute eigentlich nur noch den Titel seiner Operette Polenblut), Josef Bohuslav Foerster und Josef Suk angeboten, doch alle drei winkten ab. Ein Zufall vergleichbar mit der Entstehung von Nabucco, der ursprünglich von Otto Nicolai hätte vertont werden sollen.
1899 hatte sich Kvapil ferienhalber auf der dänischen Insel Bornholm aufgehalten. Das brachte ihn möglicherweise auf das Märchen von der kleinen Seejungfrau von Hans Christian Andersen, das er mit der Undine von Friedrich de la Motte Fouqué von 1811 in Verbindung brachte. Dieses war schon mehrfach auf der Opernbühne in Erscheinung getreten, zuallererst mit einem Libretto von de la Motte Fuoqué höchstselbst und einer Musik vom "Erfinder" der musikalischen Romantik, Ernst Theodor Amadeus Hoffmann. Heute bekannter ist aber die Undine von Albert Lortzing.
In der Literatur wird als weitere Quelle Die versunkene Glocke von Gerhart Hauptmann angegeben, wo mit Rautendelein ebenfalls ein todbringendes Fabelwesen in die Menschenwelt eindringt. Bemerkenswert ist in dem Zusammenhang allerdings die radikale Abkehr Hauptmanns vom Realismus, die sich hier wenige Jahre zuvor vollzog. Merkwürdigerweise werden die französischen (Melusine) und russischen (Rusalka, Руса́лка) Traditionslinien des Stoffes seltener hervorgehoben. Dabei haben die noch eine ganze Reihe weiterer Opern hervorgebracht, von Dargomyshskis Russalka (hier ein kleiner Ausschnitt) bis zu Aribert Reimanns Melusine. Eine Zwischenstation zwischen Dargomyshski und Dvořák ist Rimsky-Korssakow, der Gogols Mainacht zur Vorlage einer Oper machte. Hier die Ouvertüre und hier die berühmte Arie des Levko.
Interessant ist, dass auch in Italien am Ende des 19. Jahrhunderts parallel zu der Ausbildung des musikalischen Verismo eine Hinwendung zu Luft- und Wassergeistern zu beobachten ist, allerdings eher durch Giselle von Théophile Gautier, Heinrich Heine und Adolphe Adam isnpiriert, als durch de la Motte Fouqué oder gar Gogol. Das beginnt mit Le Villi von Giacomo Puccini und umfasst u. a. L'Ombra von Ugo Bottacchiari (1879–1944) und als später Nachzügler Die versunkene Glocke von Ottorino Respighi, 1927 in Hamburg uraufgeführt.
Bei Dvořák unverkennbar ist jedoch die Nähe zu Wagner bei gleichzeitiger Distanzierung. Die drei Elfen am Anfang sind natürlich Schwestern der drei Rheintöchter und der Wassermann wird fast zum Alberich, denn so ein gutmütiges Väterchen wie Kühleborn bei Lortzing ist er nicht. Andererseits singen die drei Elfen keineswegs eine so wiegende Musik mit an Bach und Händel gemahnendem Siciliano-Rhythmus wie die Rheintöchter, sondern haben eher volksliedhafte Melodien, die wenn schon an Wagner, dann an Tannhäuser erinnern. Hier ein Ausschnitt aus dem 3. Akt, wo die Elfen in anderem Kontext wieder kommen, genau wie in der Götterdämmerung die Rheintöchter.
Am Mittwoch, 20.00 Uhr in der Alten Feuerwache mehr zu Rusalka. Auf allgemeinen Wunsch lassen wir den 16. Februar ausfallen und holen den Abend am Ende nach, d. h. es gibt also am 6. April einen Nachholtermin. Das Programm verschiebt sich dann einfach um eine Woche.

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