Zur Einstimmung hier noch ein paar weitere YouTube-Links zu Werken von Enescu und ein paar ausgewählten anderen Oedipus-Kompositionen. Wir fangen mit op. 1 an, dem Poème roumain für Chor und Orchester, das an einige andere Abschlussarbeiten von Pariser Koservatoriumsschülern erinnert. 2017 klang es unter François-Xavier Roth in Bukarest so. Deutlich unabhängiger und eigentlich »rumänischer« ist op. 2, die Violinsonate Nr 1. Hier kann man sie mit Noten in einer neueren Aufnahme mit dem ungarischen Geiger Antal Zalai hören. Von der zweiten und dritten Violinsonate gibt es Aufnahmen, in denen Enescu selbst spielt, begleitet von Dinu Lipatti, die dritte auch mit Noten, hier (No. 2) und hier (No. 3). Die dritte trägt den Untertitel »dans le caractère populaire roumain«, womit gemeint ist, dass Enescu sich Anregungen aus der Volksmusik geholt hat, die wir exemplarisch mit einer Doina hören, gesungen von Maria Tanase. Die Behandlung der Singstimme in Œdipe ist davon auch sehr stark beeinflusst (s. weiter unten). Von der Ersten Rumänischen Rhapsodie ist im letzten Blogbeitrag ein Link zu finden, die zweite gibt es hier in einr Aufnahme aus Cluj 2010.
Valentina Nafornita singt hier beim Enescu Festival in Bukarest Sept Chansons sur des poèmes de Clément Marot in einer Orchesterfassung (vermutlich von Theodor Grigoriu 1964). Eine Fassung für Tenor und Klavier (wie bei der Uraufführung) habe ich nicht gefunden, aber die Orchesterfassung von Grigoriu, rumänisch gesungen von Valentin Teodorian, hier.
Und jetzt Enescu als Interpret. Berühmt war vor allem das Beethoven-Violinkonzert, hier 1949 gespielt mit dem Illinois Universitäts-Orchester unter Jan (John M.) Kuypers. Die Universität übrigens ist in Urbana, einem Städtchen etwa 100 km südlich von Chicago angesiedelt. Und noch einmal Beethoven 1952, die Kreutzersonate. Die Pianistin Céliny Chaillex-Richez war mir bisher nicht bekannt, sie war verheiratet mit einem Kollegen und Freund von Enescu, Marcel Chailley, der 1936 starb. Sie arbeitete viel mit Enescu zusammen und war mit dessen Frau befreundet. Bei dieser Rundfunk-Aufnahme des langsamen Satzes aus dem Violinkonzert KV 271a von Mozart aus dem Jahre 1937 ist das besondere Vibrato Enescus gut zu hören. Weltberühmt ist das Doppelkonzert von Bach, aufgenommen mit seinem Schüler Yehudi Menuhin, es war schon in meinem Bach-Kurs die Rede davon. Den Dirigenten und Barock-Kenner Enescu erleben wir in diesem BBC-Konzert mit Bachs h-Moll-Messe.
Und bevor nun einige Ödipus-Opern angeführt werden, eine Aufführung des Dramas von Sophokles beim Warwick Ancient Drama Festival 2020 – mit viel (moderner) Musik: hier. Und hier eine Filmversion der Übersetzung von William Butler Yeats (die auch Harry Partch benutzt). Die Schauspieler benutzen Masken wie man es sich im antiken Drama vorstellen kann. Und hier Oedipus the King, wie er von der BBC 1986 gesehen wurde. Die Schaubühne hat vor wenigen Wochen im antiken Theater von Epidauros eine Oedipus-Überschreibung von Maja Zade zur Urauffühung gebracht, die jetzt auch in Berlin läuft mit Caroline Peters als moderne Jokaste. Ein kurzes Interview mit Maja Zade läuft hier.
Un nun beginnen wir mit dem im Kurs bereits erwähnten Œdipe à Colone von Antonio Sacchini, einem Zeitgenossen Haydns und Johann Christian Bachs, der in Paris in die Streitigkeiten zwischen den Gluckisten und Piccinisten geriet und noch im Jahr der durch Intrigen verzögerten Uraufführung dieser Oper, 1786, starb. Aus dem 19. Jahrhundert sind vor allem zwei Schauspielmusiken bekannt, eine von Rossini und eine von Mendelssohn. Man findet von Rossini vor allem die Ouvertüre und einige kurze Einzelnummern auf YouTube von Mendelssohn die komplette Musik, muss sich die einzelnen Nummern aber zusammensuchen.
Etwa zur gleichen Zeit wie Enescu schrieb Strawinsky an seiner Oedipus-Version, Oedipus rex, Text von Jean Cocteau, deren Besonderheit ist, dass die Gesangstexte ins Lateinische übersetzt wurden, damit sie in jedem Land gleich klingen, auch wenn die Texte des kommentiernden Sprechers in die Landessprache übersetzt werden. Eine sehr eindrückliche japanische Version von 1992 unter der Leitung von Seiji Ozawa sehen wir hier. In der leeren Philharmonie wurde Oedipus rex im vergangenen Februar unter der Leitung von Kirill Petrenko konzertant aufgeführt. Die Aufnahme ist in der Digital Concert Hall zu finden (neben einer älteren, von Gardiner dirigierten), aber irgend jemand hat sie auf YouTube geladen, mal sehen, wie lange sie da bleibt. Für Authentizität sorgt diese WDR-Aufnahme, die von Strawinsky selbst dirigiert wurde und zu der für CBS der Text, gesprochen in einem Pariser Studio von Jean Cocteau, hinzugefügt wurde.
Verschiedene Video-Ausschnitte von Enescus Oper sind bei YouTube zu finden, unter anderem von der Aufführung in Bukarest 1984, aber auch von einer neueren dortigen, allerdings in nicht sehr guter bildlicher Qualität (die ältere sehr verschwommen, die neuere vermutlich mit einem Handy aufgenommen). Die Inszenirung von Götz Friedrich, eine Co-Produktion der Deutschen Oper Berlin mit der Wiener Staatsoper ist nur mit dem Ton von 1997 aus Wien vertreten. Die Referenzaufnahme von Lawrence Foster, der in Berlin auch die Premiere dirigierte, ist in Einzelnummern (auch nur Ton) zu finden. Ich empfehle vor allem »Il est un breuvage à double saveurs«, wo Oedipus Vierteltöne zu singen hat (bitte vergleichen mit der Doina von oben). Und das Finale des 3. Aktes in vier Abschnitten »Reconnais-tu cet homme«, »Voyez Thébains«, »Père, père«, und »Je Marcherai dans les ténèbres«: der Hirte erkennt in Oedipus den Mörder des Laios, Jocaste läuft ins Haus und erhängt sich, Oedipus ihr nach und kommt mit ausgestochenen Augen wieder und verkündet, dass er ins Exil geht. Das gleiche hat Enescu mit Xavier Depraz selbst noch vor seinem Tod am Klavier aufgenommen (natürlich nur die Partie des Œdipe), vermutlich in der Vorbereitung einer Rundfunkaufnahme, die ja dann wenige Wochen nach seinem Tod auch realisiert wurde. Hier der Ausschnitt und hier die Rundfunk-Gesamtaufnahme (25 einzelne Takes), die lange Jahre die einzige verfügbare war. Ich habe sie wie gesagt 1968 auf meinem Revox-Spulentonbandgerät mitgeschnitten und war sofort fasziniert. Bis vor wenigen Tagen war noch eine Kuriosität bei YouTube zu finden: Œdipe, gesungen in Rumänisch (die Electrocord-Aufnahme aus den Siebzigern) und als Bild dazu ein abfotografierter reichlich benutzter Klavierauszug in französischer Sprache. Jetzt aber ist das Video »privat«.
Bis morgen,
Curt A. Roesler
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