Im Beethoven-Kurs musste ich ja – da die Bibliotheken am Anfang noch ganz geschlossen waren und am Ende nur schlecht erreichbar – noch eine Empfehlung für eine Beethoven-Biografie schuldig bleiben. Jetzt lese ich mit großem Vergnügen Beethoven. Der einsame Revolutionär von Jan Caeyers (ISBN-13: 9783406749414). Das ist eine lebendige Darstellung der Lebensgeschichte, eingebunden in die allgemeine Historie und kenntnisreich mit der Musikgeschichte und -theorie verbunden, lesenswert sowohl für interessierte Laien wie für professionelle Kenner. Das ist genau die Art, wie ich auch zu unterrichten versuche.
Natürlich gibt es da und dort Details, die ich anders darstellen würde, aber sie haben mich dennoch zu neuen Erkenntnissen gebracht. So habe ich mich ein wenig an der (unter Musikern heute weit verbreiteten) Herablassung gegenüber Musikern wie Beethovens erstem bedeutenden Lehrer Christian Gottlob Neefe oder dem große Konkurrenten um die Gunst des Publikums Rossini gestoßen. Deswegen habe ich mir ein Werk von Neefe angehört, das schon lange in meiner Sammlung schlummerte, Sophonisbe von Neefe, ein »Monodrama«, d. h. ein Melodram. Und da kann man schon das Melodram im zweiten Akt von Fidelio voraushören. Die Aufnahme, die ich davon besitze ist ein Rundfunkmitschnitt, den leider noch niemand auf YouTube hochgeladen hat, ich kann also hier keinen Link dazu angeben, da bisher aber auch keine CD produziert worden ist, kann man die Musik auch nicht in der Naxos Music Library hören, auf die ich sonst gern verweise. Es bleibt nur Cembalomusik von Neefe, z. B. diese Fantasia in fa minore. Auch wenn das Cembalo etwas merkwürdig gestimmt ist, kann man das späte 18. Jahrhundert mit seinem »Sturm und Drang« gut heraushören, auf dem Beethovens musikalisch »revolutionärer« Charakter fusst.
Eine weitere Anregung habe ich daraus empfangen, dass ich ich etwas mokierte über die Schreibweise eines Namens. Caeyers nennt das Werk, mit dem das Bonner Theater am 3. Januar 1789 wiedereröffnet wurde. Er schreibt »mit einer Oper von einem gewissen Vincenzo Martin, Der Baum der Diana«. Der »gewisse« Vincenzo Martin ist natürlich kein anderer als Vicente Martín y Soler, dessen erfolgreichste Oper Una cosa rara da Ponte und Mozart im Finale des Don Giovanni zitieren. Das Libretto zu L'Arbore di Diana schrieb ebenfalls da Ponte und zwar schrieb er es gleichzeitig mit Don Giovanni. Das Libretto wird gern mit Così fan tutte verglichen, dem allerdings eine zeitgenössische und nicht eine mythische Handlung zugrundeliegt. Aber in gewisser Weise kann L'Arbore di Diana schon als Vorläufer gelten, denn die darin verhandelten Gefühle sind mit Kategorien wie »wahr« und »falsch« nicht zu fassen. Die Musik von Martín y Soler ist Mozart durchaus ebenbürtig. Hier gibt es eine Aufführung in englischer Sprache bei YouTube. Das ist eine Liebhaberaufnahme vom Kassettenrecorder, also fürs Smartphone ok, aber nicht für die Stereoanlage. Hier gibt es aber eine Alternative: eine Aufnahme aus Barcelona unter der Leitung von Harry Bicket mit Ofelia Sala in der Titelpartie. Die findet man bei den Streamingdiensten – und gerade entdecke ich sie auch auf YouTube, hier, allerdings aufgeteilt in die einzelnen Nummern.
Viel Spaß, wenn ich weiter gelesen habe, gibt es eine Fortsetzung.
Bleiben Sie gesund,
Curt A. Roesler
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