Morgen fangen wir an mit Don Giovanni. Die Analyse beginnt mit einer Betrachtung der Stoffgeschichte und führt zu einer Differenzierung der Zeitebenen.
Zwei historische Personen stehen am Anfang der Don-Juan Sage. Der eine, Don Juan Tenorio, Sohn eines Admirals, der sich in den Kämpfen gegen die Mauren auszeichnete, war ein Höfling Peters I. von Kastilien. In dessen Biografie begegnen wir gleich zwei Figuren, die wir auch aus Oper kennen: Leonor de Guzman, die Geliebte seines Vaters, ist Hauptfigur einer Oper von Donizetti, La Favorite. Er selbst verlor auch bald das Interesse an seiner ersten Frau und wandte sich María de Padilla zu, Titelheldin einer weiteren Donizetti-Oper (Beschreibung in Englisch), die damals, im Winter 1841/42 keine Chance gegen Verdis am Ende der gleichen Spielzeit uraufgeführten Nabucco hatte.
Don Pedro I. hatte auch den Beinamen "der Grausame", sein Gefolgsmann Don Juan Tenorio hatte wohl einigen Anteil an den grausamen Taten und wurde Gegenstand mancher schauerlicher Geschichten, die sich in und um Sevilla zugetragen haben sollen. Darunter befindet sich die Geschichte Giraldas, deren Vater, den Gouverneur von Sevilla, Don Juan tötet und dessen Statue er zur Tafel einlädt. Sie erscheint wirklich und fährt mit ihm zur Hölle.
Miguel de Maraña (1626–1679) ist das andere Vorbild aus etwas späterer Zeit. Er ist nicht so sehr der Verführer der Frauen als vielmehr derjenige, der mit dem Teufel einen Pakt schließt, er ist der spanische Faust, wenn man so will. Allerdings bekhrt er sich und stirbt als Heiliger.
Die Höllenfahrt ist den auch das Element, das den Stoff vor allem für das Jahrmarktstheater interessant macht.
Gottes- und Teufelsglaube ist Voraussetzung für die Verbreitung dieser Sage, die zusammen mit den Legenden um Faust, Ahasver und Tannhäuser als Geschichten von Gottesleugnern genannt werden. L'ateista fulminado ist der Titel eines frühen, nicht erhaltenen Klosterspiels. Ein wichtiges Element der Überlieferung ist außerdem das "steinerne Gastmahl", das oft sogar Titelgebend wurde.
Die erste literarische Fixierung datiert vom Anfang des 17. Jahrunderts. Der Mercedarier-Mönch Tirso de Molina schrieb El burlador de Sevilla y convidado de pietra 1613 oder 1619, aufgeführt wurde das Stück, das sich weder als Drama noch als Komödie einsortieren lässt, vermutlich 1624 in Madrid und veröffentlicht wurde es 1630 bzw. 1637.
Bis zu Molières Dom Juan ou le Festin de Pierre (1665) wurde der Stoff mehrfach, vor allem von italienischen und französischen Autoren aufgenommen.
Auf die musikalische Bühne kam der Stoff durch Christoph Willibald Gluck 1761. Zusammen mit dem Choreographen Gasparo Angiolini schuf er ein Ballett, das gleichzeitig einen Wendepunkt in der Geschichte des Tanzes darstellt. Hier ist erstmals ein Drama die Vorlage, Tänzer verkörpern handelnde Personen.
Nun ist es nur noch ein kleiner Schritt zu Giuseppe Gazzaniga Don Giovanni o sia Il convitato di pietra (1787 in Venedig uraufgeführt) und Wolfgang Amadeus Mozarts darauf aufbauender Il dissoluto punito ossia il Don Giovanni (1787 in Prag uraufgeführt).
Die zeitliche Nähe zu den lebenden Persönlichkeiten Giacomo Casanova und Alessandro Cagliostro hat manchen Interpreten der Oper von Mozart dazu gebracht, nach Parallelen zwischen diesen Biografien und der Handlung zu suchen.
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