Freitag, 28. August 2020

Oper in Opernhäusern und auf dem Bildschirm

Jeden Tag kann man irgendwo lesen, dass nichts mehr ist, wie es war. Und jeden Tag kann man im Internet auf Entdeckungsreise gehen, nachschauen, wo man Eintrittskarten buchen kann, und wo immer noch nicht. Zur Walküre steht auf der Homepage der Deutschen Oper Berlin jetzt (Freitag, 28. August, 17.0 Uhr) immer noch »Wir hoffen, zeitnah Angaben zum Vorverkauf machen zu können.« Und bis zur Premiere ist es jetzt niocht einmal mehr ein Monat. Das Callas-Projekt von Marina Abramovic ist längst abgesagt und wird wohl auch nicht später realisiert. Der im Internet einsehbare Spielplan reicht nur bis zur 27. Festlichen Operngala für die Deutsche AIDS-Stiftung am 7. November und enthält ab Ende September überhaupt nur eine Tischlerei-Produktion und die fünf Walküre-Vorstellungen. Ob Simon Boccanegra realisiert wird, dazu gibt es nicht Offizielles. Nun ist Simon Boccanegra für uns nichts ganz Neues. In den letzten 20 Jahren gab es mindestens je eine Produktion an der Deutschen Oper Belrin und an der Staatsoper Unter den Linden bzw. im Schillertheater.

Für den September bietet die Staatsoper ebenso wie die Deutsche Oper Berlin Karten für den Ersatzspielplan an, der in der Staatsoper noch näher an den ursprünglichen Planungen ist. Ariadne auf Naxos (anlässlich der Premiere der Inszenierung von Hans Neuenfels haben wir uns seinezeit eingehend mit dem Werk befasst) ist die einzige »reguläre« Oper dabei. Für die Uraufführung Quartett von Luca Francesconi kann man Karten »verbindlich« reservieren, aber noch nicht buchen.

Die Komische Oper, die mehr als die beiden anderen Hauptstadtopernhäuser wie ein Stadttheater mit festem Ensemble operiert, konnte flexibler auf die Pandemie-Situation reagieren. Pierrot lunaire von Arnold Schönberg, kombiniert mit zwei Monodramen von Samuel Becket ist eine vollkommen neu ausgedachte Produktion, inszeniert von Barrie Kosky; die Premiere ist schon ausverkauft, aber für weitere Vorstellungen gibt es noch Karten. Auch Die Großherzogin von Gerolstein von Jacques Offenbach – normalerweise ist die Titelrolle eine Parade-Partie für gestandene Mezzosopranistinnen; an der Deutschen Oper Berlin war es 1980 Patricia Johnson – wird eine ganz typische Barrie-Kosky-Produktion. Tom Erik Lie (der vor knapp 20 Jahren an der Deutschen Oper angefangen hat, auch mit Offenbach, er war Schlemihl in Les contes d'Hoffmann) gibt die kriegerische Herzogin »en travestie«. Premiere (man wird auch hier schon auf »Restkarten« verwiesen) ist am 31. Oktober. Mondnacht, ein Programm mit Liedern von Robert Schumann und Iphigenie auf Tauris von Christoph Willibald Gluck sind weitere Premieren.

Nach Walküre, über die wir im Anschluss an die Treffen im April, wo Der Ring des Nibelungen schon Thema war, am 2. September besprechen werden, kommen erst einmal die Produktionen der Komischen Oper dran. Insbesondere weil Pierrot lunaire eine auf Youtube besonders weit verbreitetes Stück klassischer Musik ist. So verbinden wir, was jetzt für viele die hauptsächliche Opernrezeption ist, Oper am Bildschirm, mit der langsamen Rückkehr der Live-Aufführungen in den Opernhäusern.


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