Themenwechsel: jetzt kommen wir zu einem ganz anderen Genre des Musiktheaters, zur Revue-Operette. Zwei Künstlerpersönlichkeiten der 20-er Jahre, die 1933 aus Deutschland vertrieben wurden und nach dem 2. Weltkrieg unterschiedlich im neuen Europa Fuß fassten, stehen im Zentrum: Erik Charell und Ralph Benatzky. Ort des Geschehens: das 1865 als Markthalle gebaute und 1919 zum Revuetheater umgebaute Große Schauspielhaus.
Schon an der ersten Produktion, die Max Reinhardt dem jungen Choreographen und Regisseur Erik Charell übertrug, einer Revue An Alle!, war Ralph Benatzky beteiligt.
Casanova (1928), Die drei Musketiere (1929) und Im weißen Rössl (1930) waren die erfolgreichsten Produktionen der beiden, die letzte überstrahlte alle und zog Neufassungen in Paris, London und New York nach sich. Wie am Broadway (z. B. Show Boat von Oscar Hammerstein II und Jerome Kern, 1927) gab es eine gewisse Arbeitsteilung. Es waren mehrere Komponisten und Textautoren beteiligt. Die weitaus meisten Melodien stammen allerdings von Benatzky. Robert Gilbert, der Sohn des Operettenkomponisten Jean Gilbert (er schrieb 1910 seinen größten Erfolg, Die keusche Susanne), war für die Gesangstexte zuständig, aber er lieferte auch eine ganz berühmte musikalische Nummer: "Was kann der Sigismund dafür, dass er so schön ist." Leopolds "Für ein Lächeln von ihr" mit dem immer wiederkehrenden "Zuschau'n kann I net" hat ein ganz alter Hase beigesteuert, Bruno Granichstaedten, der ebenso wie Charell und Benatzky und die meisten Beteiligten emigrieren musste. Von Robert Stolz wurden zwei Nummern eingebaut, "Die ganze Welt ist himmelblau" und "Mein Liebeslied muss ein Walzer sein." Hinzuzufügen ist, dass die Walzer im Weißen Rössl trotz des österreichischen Schauplatzes nicht Wiener Walzer sind, sondern der internationalisierten Form folgen, die am Broadway, in Paris und London gleichzeitig so erfolgreich war. Der Titelsong aber ("Im weißen Rössl am Wolfgangsee") und das krachlederne "Im Salzkammergut" sind ganz echter Benatzky.
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