Montag, 15. Dezember 2025

Peter Ronnefeld

Wenn wir uns auf die Suche nach vergessenen Meisterwerken machen, lenken wir den Blick meist auf längst vergangene Jahrhunderte. Auf die Epochen, in denen selbst hochgelobte und vielgespielte Werke der Vergessenheit anfielen, sobald der Komponist gestorben war. Die wenigen Ausnahmen davon betrafen einzelne Opern, etwa von Lully, Mozart oder Rossini. Und wenn wir schon von Rossini reden. Sein Barbiere di Siviglia musste sich erst gegen die berühmte Komposition von Giovanni Paisiello durchsetzen. Als aber wenige Monate nach der eher mäßig aufgenommenen Uraufführung der Oper von Rossini Paisiello starb, gab es kein Problem mehr. Und heute spricht kaum noch jemand von Il barbiere di Siviglia von Giovanni Paisiello, obwohl das eine sehr gute Oper ist. Heutzutage scheint es etwas anders zu laufen. Hans Werner Henze wird auch nach seinem Tod viel gespielt, sogar die frühen Werke kommen wieder mehr zum Vorschein. Genauso ist es mit Aribert Reimann. Und auch Bernd Alois Zimmermanns Oper Soldaten wird regelmäßig gespielt. Zimmermann starb 1970 mit 52 Jahren. Fünf Jahre früher starb Peter Ronnefeld. Der war zwar nur 30 Jahre alt geworden, hatte aber schon doppelt so viele Opern vollendet wie Zimmermann, nämlich zwei. Und man sagte ihm eine Weltkarriere voraus, sowohl als Komponist wie auch als Dirigent und Pianist.

Seine eerste Oper, Die Nachtausgabe schrieb er mit 21 Jahren für seine Studenten in Salzburg. Nach Studien u. a. bei Boris Bacher in Berlin (berühmter Kommilitone: Aribert Reimann) und Olivier Messiaen in Paris hatte er 1956 einen Lehrauftrag am Mozarteum angetreten. Diese »opera piccola« ist immerhin 1987 in Wien (wo seine Grabstätte liegt) und 2014 in Dresden (seiner Geburtsstadt) wieder aufgeführt worden. Einen Ton-Mitschnitt der Dresdner Aufführung finden Sie hierDie Ameise hingegen, uraufgeführt 1961 in Düsseldorf, ist seit 1969 mit einer konzertanten Ausnahme nicht mehr gespielt worden. 

In Kiel bereitete Peter Ronnefeld gerade die Uraufführung von Aribert Reimanns erster Oper Ein Traumspiel vor, als er schwer erkrankte. Das Dirigat übernahm Michael Gielen. Auch die revidierte Fassung seiner Oper Die Ameise konnte Ronnefeld nicht mehr dirigieren, die Leitung übernahm der gleichaltrige Lübecker Generalmusikdirektor Gerd Albrecht. In Bonn steht Die Ameise jetzt wieder auf dem Spielplan. Ich war in der Premiere am Sonntag und es gibt keinen Zweifel, es ist ein Meisterwerk, das hoffentlich jetzt endlich, nach über sechzig Jahren, den Weg ins Repertoire findet. Die erwähnte konzertante Ausnahme ist ebenso wie Die Nachtausgabe dem ORF zu verdanken. Lothar Zagrosek dirigierte sie, Theo Adam und Catherine Gayer sind in den Hauptpartien hier zu hören. In Bonn waren dies der in Berlin wohlbekannte Dietrich Henschel und die junge Koloraursopranistin Nicole Wacker, von der wir hoffentlich noch viel hören werden.

Außer den beiden Opern hat Peter Ronnefeld noch zwei (kurze) Ballette geschrieben: Peter Schlemihl (1956, Hildesheim, eine gute halbe Stunde), hier 1964 dirigiert von ihm selbst mit dem Kölner Rundfunkorchester, und Die Spirale (1962, Hannover), von der ich leider keine Tonaufnahme finden konnte. Von zwei Orchesterwerken hingegen konnte ich etwas finden, die Sinfonie 52, die 1953 in Bayreuth uraufgeführt wurde, hier von Otmar Mága dirigiert, und Improvisation für Orchester (1954), hier von Werner Andreas Albert dirigiert.

Ich wünsche gute Unterhaltung beim Hören der Musikbeispiele,
Ihr Curt A. Roesler

 

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